Bericht von der BVV

vom 26. April 2023

 

Am 26. April fand die erste „richtige“ Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Friedrichshain-Kreuzberg nach der Wiederholungswahl statt, in der auch wieder inhaltliche Debatten geführt wurden. Es ging unter anderem um die Verdrängung von Sport- und Spielangeboten in unserem Bezirk, um das Myfest in Kreuzberg, um die Frage, wie einige Skulpturen in Xhain zu interpretieren seien, um die Legalisierung von Cannabis und um das Verkehrsexperiment im Graefekiez.

 

Wahl eines neuen Bezirksstadtrates

Doch zunächst wurde dem Wahlergebnis der Wiederholungswahl Rechnung getragen und ein Kandidat der CDU durfte sich als neuer Bezirksstadtrat für Familie, Jugend und Gesundheit zur Wahl stellen. Als Nachfolge für Regine Sommer-Wetter nominierte die CDU Max Kindler, einen 27-jährigen Kriminalkommissar der zuvor bereits für die CDU-Fraktion in der BVV saß. Mit 29 JA-Stimmen wurde er im ersten Durchgang gewählt und hat das Glück, dass Regine Sommer-Wetter ihm ein gut hinterlassenes Amt ordentlich übergeben wird.

 

Sport- und Spielangebote im Bezirk unter Druck

An mehreren Stellen unseres Bezirks wurde deutlich, dass Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche unter der grünen Stadträtin für Straßen und Grünflächen, Annika Gerold, einen schweren Stand haben.

Zum einen wurde dem sogenannten Spielmobil, einem wichtigen Freizeitangebot für Kinder und Eltern, die Nutzung der Grünflächen an der Weberwiese, dem Boxhagener Platz und dem Theodor-Wolff-Park untersagt. Dank öffentlichem Druck ist zumindest für die Weberwiese nun erstmal eine Lösung gefunden, die von uns durch einen gemeinsamen Antrag mit der SPD-Fraktion bekräftigt wurde. Unser kinder- und jugendpolitischer Sprecher, Kolja Fuchslocher kommentiert dazu: „Auch für die anderen Flächen braucht es nun schnelle Lösungen. Künftig wäre es wünschenswert, wenn das Bezirksamt zuerst eine Lösung präsentiert, bevor man negative Bescheide ausstellt. Das würde Kindern und Eltern viel Ärger ersparen.“

Und zum anderen kündigte Bürgermeisterin Herrmann auch beim kürzlich gescheiterten Projekt Sport365 im Görlitzer Park an, dass der Bezirk sich für eine Fortführung einsetzen würde. Aus unserer Sicht ist das das Mindeste was man tun sollte, nachdem so viel Porzellan zwischen dem Betreiber TiB e.V. und dem Bezirk zerschlagen wurde und nun viele Menschen am Görli wieder ohne dieses öffentliche Sportangebot dastehen. Ärgerlich, dass solche Konflikte unter grüner Führung immer erst eskalieren müssen, anstatt frühzeitig Lösungen zu finden.

 

Streit um das MyFest in Kreuzberg

Gleiches gilt für den kürzlich bekanntgewordenen Streit des Bezirksamtes mit den Organisator:innen des MyFestes in Kreuzberg. In einem offenen Brief kritisierten die Veranstalter:innen die Bürgermeisterin scharf dafür, dass ihnen bei der Anmeldung Steine in den Weg gelegt wurden. Bürgermeisterin Herrmann wiederum bemängelte bei den Anmelder:innen fehlende Bereitschaft, sich an rechtliche Vorgaben anzupassen.

Interessant daran: Schon im Dezember kritisierte unsere Fraktion die Bürgermeisterin dafür, dass sie das Myfest ohne Nachnutzungskonzept und ohne jegliche öffentliche Diskussion einfach ablasen wollte. Damals argumentierte sie, es gäbe überhaupt niemanden, der eine entsprechende Veranstaltung anmelden würde. Wie sich nun herausstellt, gab es sehr wohl Interesse an einer Fortführung. Doch anstatt in einen transparenten Dialog zu treten, lässt man die Betroffenen einfach auflaufen.

Auch in unserer Fraktion sehen wir die Partyexzesse des MyFestes sehr kritisch und verstehen den Wunsch vieler Anwohnenden, die sich einen kleineren und politischeren 1. Mai in unserem Bezirk wünschen. Leider hat die Bürgermeisterin hier eine Chance vertan, aktiv zusammen mit den Bürger:innen den ersten Mai in Xhain zu gestalten.

 

Unterschiedliche Interpretationen von Skulpturen werden zum Streitfall

Eine interessante Diskussion über Deutungsspielräume von Kunst im öffentlichen Raum lieferten sich dann Grünen und Die PARTEI anlässlich eines Antrags der Grünen, der eine öffentliche Diskussion zum Umgang mit der Bronzeskulptur „Der seltene Fang“ im Viktoriapark fordert. Nach Lesart der Grünen ist hier eine Verharmlosung und Normalisierung sexualisierter Gewalt zu sehen. Die PARTEI hingegen erkennt in der Skulptur eine mystische Erzählung über die Existenz von Meerjungfrauen. Daraufhin forderten sie in einem nicht ganz ernst gemeinten Änderungsantrag, dass der Bezirk eine einheitliche Interpretationsrichtlinie für Kunstobjekte entwerfen solle, um künftig dem Verletzen von Gefühlen vorzubeugen. Mit etwas Augenzwinkern stimmte unsere Fraktion diesem Änderungsantrag zu. Die Allgegenwärtigkeit von sexualisierter Gewalt gegen Frauen ist ein ernst zu nehmendes Thema. Aber moralisch aufgeladene und bereits einseitig festgelegte Kultur-Debatten über die Lesart von Kunstobjekten erscheinen uns nicht hilfreich, um das alltägliche Problem sexualisierter Gewalt in die Gesellschaft zu tragen.

 

Cannabis-Legalisierung in Friedrichshain-Kreuzberg

Zudem beschloss die BVV mit großer Mehrheit gegen die Stimmen von CDU und AfD, dass sich unser Bezirk als Modellregion für die geplante Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung bewirbt. Schon vor 10 Jahren hat unser Bezirk beschlossen, die kontrollierte Abgabe in Xhain zu ermöglichen. Hier wollen wir jetzt endlich vorankommen und einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik einleiten, der auch die gesundheitliche und psychosoziale Unterstützung und Präventionsarbeit umfassen muss.

 

Einwohnerantrag zum Graefekiez scheitert

Am Ende der Debatte stand ein Einwohner:innenantrag zur Abstimmung, der ein Ende des Verkehrsexperiments im Graefekiez forderte. Der Antrag scheiterte, auch mit den Stimmen unserer Fraktion. Denn wir halten es für richtig, dass unser Bezirk bei der notwendigen Verkehrswende vorangeht.

Unser verkehrspolitischer Sprecher, René Jokisch machte aber nochmal deutlich, dass auch der bisherige Umgang von Grünen und SPD mit dem Verkehrsexperiment im Graefekiez keinen Applaus verdient hat: „Es ist inzwischen ein Jahr vergangen, seitdem das Verkehrsexperiment in dieser BVV beschlossen wurde. Schon damals hat unsere Fraktion für eine angemessene Bürger:innenbeteiligung geworben und wollten öffentlich über den rechtlichen Rahmen dieses Projekts sprechen. Doch eine offene Debatte wurde abgeblockt.“ Das Projekt fällt inzwischen deutlich kleiner aus als ursprünglich geplant, was man vorher hätte wissen können und auch die Nerven der Anwohnenden wurden unnötig strapaziert. Denn anstatt die Zeit für einen Dialog mit Anwohnenden zu nutzen, und deren Sorgen ernst zu nehmen, haben vor allem Grüne und CDU das Verkehrsprojekt lieber genutzt, um Stimmung im Wahlkampf zu machen. Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus!

 

Die nächste BVV findet am 24. Mai statt. Wie immer 18 Uhr. Wie immer im Rathaus Kreuzberg. Für Interessierte gibt es eine schöne Besucher:innen-Tribüne, um Kommunalpolitik mal hautnah mitzuerleben. Komm doch mal vorbei!

 

Zurück