Linke Erfolge bei „Kiezblocks für alle“ & neue Herausforderungen

René Jokisch

DIE LINKE hat seit Jahren dazu beigetragen, dass unser Bezirk für viele Menschen als Vorbild, als Experimentierfeld und für manche auch als Feindbild in der Verkehrspolitik gilt. Zusammen mit der Koalition auf Landesebene konnte der Bezirk viel dafür tun, dass Fuß- und Radverkehr mehr Raum und mehr Sicherheit bekommen. Die Planung und Umsetzung neuer Verkehrspolitik ist jedoch immer wieder Gegenstand heißer Diskussionen, zwischen den Parteien und auch zwischen den Menschen im Bezirk. Immer wieder müssen wir dagegen ankämpfen, dass berechtigte Kritik an der konkreten Planung des grün geführten Bezirksamtes als rückwärtsgewandte Position gegen die Verkehrsberuhigung diffamiert wird - so wie es auch bei der Diskussion um die Kiezblocks geschieht.

Wir haben bei der Diskussion um sogenannte Diagonalsperren im Samariterkiez gefordert, dass eine echte Beteiligung stattfinden muss und die Ausweichverkehre analysiert und in einer größeren Verkehrsberuhigungszone angegangen werden müssen. Wir haben die verschiedenen Kiezblock-Initiativen von Anwohner:innen als Partei und Fraktion in der BVV unterstützt und uns in solidarischer Diskussion auch mit den konkreten Ideen und Problemen auseinandergesetzt. Als einzige Fraktion haben wir darauf hingewiesen, dass die Verkehrsberuhigung im Bezirk sich nicht nur danach richten kann, wo die Menschen am besten fähig sind, ihre Interessen zu organisieren und zu kommunizieren. Wir haben zudem ein Gesamtkonzept im Bezirk gefordert, das sich sowohl an der Sicherheit für Schulkinder, als auch an den Umweltbelastungen und den ärmeren sozialen Lagen orientiert. Zu unserer großen Freude hat das Bezirksamt angekündigt, tatsächlich flächendeckend an einer Verkehrsberuhigung im ganzen Kiez zu arbeiten und nach den entsprechenden objektiven Kriterien Prioritäten zu setzen. Es soll also keine Klientelpolitik für einzelne Kieze geben, bei denen die Verdrängungseffekte ignoriert und damit die Polarisierung der Debatte in Kauf genommen wird. Stattdessen sollen jetzt einzelne Maßnahmeninstrumente vorbereitet und deren verkehrliche Auswirkungen vorher untersucht werden, um danach im ganzen Bezirk eingeführt zu werden.

Ich kann nachvollziehen, dass bei diesem Vorgehen nicht überall vorher eine Bürgerbeteiligung möglich ist. Das Bezirksamt hat angekündigt, als Erfahrung aus den letzten Debatten, die Einführung der Maßnahmen als den Punkt zu nutzen, an dem eine breite Beteiligung stattfinden kann. Denn an der Stelle der konkreten Intervention bekommen Menschen ja tatsächlich eher etwas mit und können ihre Meinung artikulieren, als wenn über ein paar Aushänge zu einer Diskussion eingeladen wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die betroffenen Bürger:innen tatsächlich gehört und gegebenenfalls die Maßnahmen geändert oder ergänzt werden, wenn es vor Ort zu Problemen kommt.

Leider wird die grundsätzlich erfreuliche verkehrspolitische Entwicklung im Bezirksamt von einer neuen Initiative aus der GRÜNEN-Fraktion konterkariert: Im Graefekiez, in dem 20.000 Menschen leben, sollen im Rahmen eines Experiments für mindestens sechs Monate alle Parkplätze verschwinden. Ausnahmen gelten nur für Menschen mit nachgewiesenen Beeinträchtigungen und Carsharingangeboten auf markierten Flächen. Es ist offensichtlich, dass dies massive Auswirkungen auf das Leben der Menschen im Kiez und in den angrenzenden Straßen haben wird. Ärmere Menschen würde all das besonders hart treffen. Doch entsprechende Bedenken werden einfach weggewischt. Ob die betroffenen Menschen in einem Experiment leben möchten und ob sich sinnvolle Erkenntnisse aus diesem systematisch nicht übertragbaren Experiment gewinnen lassen, interessierte in der Diskussion im Ausschuss die einbringenden GRÜNEN und die SPD leider nicht. Die Auseinandersetzung um die Verkehrspolitik bleibt spannend und wir werden als LINKE weiter für eine Verkehrspolitik streiten, die die gesellschaftliche Debatte nicht unnötig polarisiert, sondern gemeinsam mehr Verkehrsberuhigung, mehr Sicherheit für Fuß- und Radverkehr und nicht zuletzt die notwendigen Voraussetzungen im Straßenland und beim ÖPNV schafft.

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