Wahlkreiseinteilung für die Abgeordnetenhauswahl 2026 - Aufhebung und Ersetzung des Bezirksamtsbeschlusses

Initiator*innen: Die Linke/SPD

zur BVV am 08.09.2025

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die BVV hebt auf Grundlage von § 12 Absatz 3 in Verbindung mit § 17 Absatz 1 Bezirksverwaltungsgesetz den Bezirksamtsbeschluss vom 12.08.2025 zur Neugliederung des Wahlgebietes des Wahlkreisverbandes Friedrichshain-Kreuzberg auf und ersetzt ihn wie folgt:

Der Beschlusstext wird entsprechend der Vorlage zur Kenntnisnahme (DS/1741/VI) beibehalten und die Anlage durch die zahlenoptimierte Variante 1 des Wahlamtes ersetzt.

 

Begründung:

Mit der Variante 1 des Wahlamtes werden eine gleichmäßigere Verteilung und geringere Unterschiede bei der Anzahl der deutschen Einwohner:innen in den Wahlkreisen erreicht und gleichzeitig die sozialräumliche Orientierung im Grundsatz gewahrt.

Die BVV stärkt mit der Ersetzung des Bezirksamtsbeschlusses die demokratische Legitimation für die Wahlkreiseinteilung, die durch einen Wahlkreiseinteilung, die von nur einer Partei vorgeschlagen und unterstützt wurde, in Frage gestellt werden könnte. Sie beugt damit auch rechtlichen Angriffe auf die Wahl vor.

 

Vergleich der Anzahl von deutschen Einwohner:innen für die Wahlkreiseinteilungsvarianten:

 Beschluss Bezirksamt
auf Grundlage B‘90/Grüne
Variante 1 des Wahlamtes, gleichzeitig Inhalt des Ersetzungsantrags
WK 142.91339.567
WK 242.58739.963
WK 337.51041.435
WK 436.76641.462
WK 542.85640.203

 

BVV 08.09.2025

 

Wortprotokoll

 

Leitung: Herr Werner Heck

 

Herr Heck:  Jetzt würde ich Ihnen das Ergebnis der Beratung des Ältestenrates noch einmal mitteilen wollen. Es gab eine Diskussion darüber, ob die Vorlage zur Kenntnisnahme erst abgelehnt oder nicht abgelehnt werden muss, also behandelt werden muss oder ob nicht durch die Behandlung des Ersetzungsantrages, der ja den Beschluss, der dort in der Vorlage zur Kenntnisnahme vorgelegt wird, quasi ersetzt, dies… quasi hinfällig ist.

 

Wie auch ich… also ich hatte mich vorher auch erkundigt, das war auch die vorherrschende Meinung, auch die Mehrheit des Ältestenrates hat sich darauf verständigt, so zu verfahren. Wir haben eine Protokollnotiz gemacht, dass es einzelne Bedenken gegen dieses Vorgehen gibt. Trotzdem haben wir dies Mehrheitlich beschlossen.

 

Deswegen rufe ich jetzt auf… es ist echt spannend heute… den TOP 4.3 die DS/1744/VI Wahlkreiseinteilung für die Abgeordnetenhauswahl 2026 - Aufhebung und Ersetzung des Bezirksamtsbeschlusses.

 

Herr Alter hatte sich schon gemeldet. Herr Alter bitte.

 

Herr Alter: Sehr geehrter Vorsteher, lieber Werner, sehr geehrtes Bezirksamt, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, liebe Grüne. Jetzt kracht es richtig, kracht ordentlich… krachende Niederlage ist die… ist das, die sich da eingehandelt haben, die Ihr Euch da eingehandelt habe mit Eurem Vorschlag.

 

Es zeigt, und vielleicht denkst Du, liebe Clara, vielleicht denkt Ihr, liebe Grüne, auch mal darüber nach, dass es einen großen breiten Konsens immer noch gibt, wenn es um demokratische Fairness und Grundspielregeln geht. Denn von ganz links außen, wo einige sitzen, deren politische Haltung ich für hoch problematisch halte, bis ganz rechts außen, wo Leute sitzen, wo ich teilweise gar nicht weiß, was ihre Haltungen sind, weil sie sich hier nie an der Debatte beteiligen - ich bin überrascht, dass sie überhaupt noch da sind, meistens gehen sie ja kurz nachdem sie das Sitzungsgeld hier eingestrichen haben - und… ja… da kann ich fast nur sagen, fehlen mir fast die Worte… kann ich fast nur sagen echt brutal. Aber, Frau Hermann, liebe Grüne, ich würde Euch nur noch einfach mal bitten, und jetzt liegt da ein sehr guter Antrag vor von der SPD, den mal zu überdenken, mal in Euch zu gehen und aufzuhören mit diesen billigen Versuchen, die deutsche Demokratie in Eurem Sinne zu beugen. Macht zur Abwechslung – ich wiederhole mich gerne – einfach mal vernünftige Politik für die breite Mitte der Bevölkerung, anstatt nur für die höheren Einkommensklassen. Entweder ihr macht es, oder, wenn ihr sagt, ihr wollt und könnt es nicht, dann lasst es bleiben…aber bitte ganz. Vielen Dank.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Herr Alter. Herr Vollmert bitte.

 

Herr Vollmert: Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht auch noch mal für die Zuhörenden im Stream, die nicht immer so tief im Thema drin sind wie wir, es teilweise sein müssen. Die Bezirksverordnetenversammlung steht in dem Ruf, kein richtiges Parlament zu sein - nur und lediglich verwaltungshandelnd anregen zu dürfen. Und es obliegt dann dem Bezirksamt, ob man dem… der Anregung folgt oder nicht. Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg hat sich über Jahrzehnte das sogenannte Kreuzberger-Landrecht erkämpft, das nämlich auf Empfehlungen von dem Bezirksamt umgesetzt werden muss. Das ist in den letzten Jahren immer weniger gewesen und durchlöchert worden. Und das Bezirksverwaltungsgesetz hat nicht das Kreuzberger-Landrecht verschriftlich, wie wir es gerne hätten, aber… es hat mit zwei Paragrafen uns durchaus die Möglichkeit gegeben, abseits der normalen Empfehlungen unsere Anträge das Bezirksamt verpflichtend aufzufordern, in einer Sache in einer bestimmten Richtung tätig zu werden, und das tun wir hier mit dem zweiten dringlichen Antrag heute Abend.

 

Und für die Zuhörenden lese ich es einmal vor, die es nicht vorliegen haben:

„Die BVV möge beschließen. Die BVV hebt auf Grundlage vom § 12 Abs. 3 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Bezirksverwaltungsgesetz den Bezirksamtsbeschluss vom 12.08.2025 zur Neugliederung des Wahlgebietes des Wahlverbandes Friedrichshain-Kreuzberg auf und ersetzt ihn wie folgt…“

 

Wie wir ihn ersetzen wollen, wurde schon zweimal erwähnt in der Debatte. Wir würden dem Vorschlag der Verwaltung, der man per se ein politisch unmotiviertes Handeln unterstellen kann, folgen wollen und statt des grünen Vorschlages den Verwaltungsvorschlag anzunehmen, der - so wie es auch in der Begründung steht -noch besser… die Bevölkerung abbildet, zahlentechnisch, aber vor allem auch in ihren Milieus. Frau Haberer, das Problem von Politik ist, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Und darüber stimmen wir heute Abend ab.

 

Und ich möchte damit schließen, dass es gut ist, dass wir diesen Weg gefunden haben. Der kommt glaube ich in dieser Geballtheit zum ersten Mal in der BVV vor. Und auch zur Erläuterung für die Zuhörenden, das Bezirksamt ist bei erfolgreicher Annahme des Antrages verpflichtet, kurzfristig mitzuteilen, ob sie diesem Dringlichkeitsantrag folgt oder nicht. Tut sie es nicht, hat sie die Möglichkeit bei der Bezirksaufsicht auf der Landesebene Beschwerde dagegen einzulegen. Die Kolleginnen und Kollegen von der Linken haben einen etwas anderen Duktus, aber… können wir vielleicht nachher noch korrigieren, das ist aber im Prinzip der Pfad, der von uns steht. Entweder nimmt das Bezirksamt die politische Haltung der BVV wahr und setzt den Verwaltungsvorschlag 1 um oder versucht noch auf juristischem Wege, den politischen Willen der BVV entgegenzuarbeiten. Danke.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Herr Vollmert. Herr Striebel bitte.

 

Herr Striebel: So, schönen guten Abend noch mal. Es wurde ja gerade Einiges gesagt, ich glaube, Einiges werden wir uns in der nächsten Zeit auch noch mal genau anschauen müssen. Das gilt zum einen für unsere Debatten und die Vergleiche, die wir hier in diesen Debatten ziehen. Da können sich die Leute selber überprüfen, ob die überzogen sind oder nicht.

 

Wir hätten jedenfalls gerne zum Tagesordnungspunkt „Beanstandungen der Geschäfte des Bezirksamts“ ein Wortprotokoll, damit wir uns das genauer anschauen und reflektieren können. Wir hätten auch gerne für diesen Tagesordnungspunkt ein Wortprotokoll, denn es geht hier nicht um Politik, sondern es geht vor allen Dingen um rechtmäßige Entscheidungen, die wir treffen müssen, dafür, dass die Menschen im Bezirk, die ein Wahlrecht haben, rechtmäßig wählen können.

Das kommt finde ich tatsächlich… das kommt hier manchmal ein bisschen zu kurz. Ich weiß, wir diskutieren hier öfter, was Kreuzberger-Landrecht ist und ich dringe hier auch öfter mit rechtlichen Meinungen nicht durch, weil sie, was das gute Recht der BVV ist, hierfür teilweise nicht maßgeblich gehalten werden. An manchen Stellen ist es das allerdings doch.

 

Deswegen möchte ich für das Protokoll nochmal festhalten: Wenn mich überzeugen würde, was Frau Jösting heute gesagt hat, daran, wie ein ordnungsgemäßer Beschluss im Bezirksamt über Wahlkreise zustande kommen muss und was da alles drinstehen muss und was da alles hergeleitet werden muss und was da alles nicht drinsteht, dann vermisse ich das in dieser Tischvorlage, die wir hier heute auf den Tisch genknallt bekommen haben. Wir verzichten darauf, diese Vorlage noch mal zu vertragen, um sie uns zur Kenntnis nehmen zu können, weil wir davon ausgehen, dass das Ergebnis in drei Tagen das gleiche sein wird, aber wir haben tatsächlich große Bedenken, ob dieses Vorgehen, so wie es ist, rechtmäßig ist. Es wird die Bezirksaufsicht vermutlich dann entscheiden, was auchtatsächlich sehr gut ist, denn ich möchte nicht, dass das hinterher in einer Wahlprüfungsentscheidung oder Beschwerde entschieden wird und wir hier dann alle noch mal antreten müssen, weil die BVV einen Beschluss gefasst hat, wie sie ihn dann beschließen wird.

 

Deswegen finde ich das gut, dass das alles im Nachgang geprüft werden wird. Ich bin tatsächlich ein bisschen gespannt, wer in der Bezirksaufsicht es prüfen wird, weil wir mit der Bezirksaufsicht ja schon unterschiedliche Auffassungen ausgetragen haben und unterschiedliche Leute und Stellungnahmen da übermittelt haben. Aber… wie gesagt… uns ist es ein sehr großes Anliegen, dass wir rechtmäßige Wahlkreise haben und deswegen gehen wir davon aus, dass das Ganze auch geprüft werden wird. Und zwar sowohl im Vorfeld als auch ggf. hinterher… das sollten wir uns bei aller Politik, die wir hier machen, quasi vergegenwärtigen, dass das ein Anliegen ist, das wir jedenfalls alle teilen sollten. Herzlichen Dank.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Herr Striebel. Frau Jösting bitte.

 

Frau Jösting: Sie machen wir wirklich Spaß, muss ich sagen. Da der Text des Bezirksamtes, wie ich vorhin schon sagte, von solch inhaltlicher Tragweite ist, ist es ja ein leichtes, ihn so anzupassen, indem wir etwa dasselbe tun… nämlich einen anderen Stadtplan hinten dranhängen… aber… natürlich haben wir sozusagen unsere eigenen Maßstäbe angewandt und deswegen finden Sie zumindest in der Begründung hier die Zahlen und die können Sie gerne prüfen.

Dass Sie jetzt aber sozusagen für sich in Anspruch nehmen, dass man das jetzt mal so richtig prüfen müsste, ob das rechtmäßig ist, wo wir jetzt gerade entscheiden wollen, dass die Vorlage, die von den zuständigen Ämtern erarbeitet wurde, zur Grundlage genommen wird und nicht irgendein dahergelaufener Parteienvorschlag, das finde ich ein bisschen schräg – muss ich ganz ehrlich sagen.

 

Also ich gehe davon aus, dass Wahlamt und Rechtsamt eine rechtskonforme Vorlage gemacht haben, nichts anderes bringen wir ein. Wir haben nichts verändert, keinen Straßenzuschnitt woanders hingemalt, keinen Einwohner dazugerechnet… es ist sozusagen das Original des Wahl- und Rechtsamtes. Und wenn das hier nicht schon bisher politisch gewesen wäre, dann würden wir hier nicht stehen. Was wir gerade versuchen, ist es, zu entpolitisieren.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Frau Jösting. Herr Striebel…

 

Herr Striebel: Ich möchte nur noch mal kurz klarstellen, es geht uns um das Verfahren, wie dieses Verfahren hier abläuft, was nicht das Verfahren ist, wie solche Wahlkreise regelmäßig beschlossen werden. Das ist Euch und Ihnen allen bewusst und es ist auch nicht so, dass der Vorschlag der Verwaltung genommen worden wäre, denn der Vorschlag des Bezirksamts ist der, den Sie ablehnen, sondern es ist so, dass die BVV sagt, dass sie aus politischen Gründen, was sie sagen darf, gerne einen anderen Beschluss haben möchte und ob das rechtmäßig ist, daran gibt es Fragezeichen.

 

Und Sie haben ja vorhin im Ältestenrat gesagt, Sie haben das alles geprüft. Ich hoffe, dass das stimmt, weil sonst haben wir die Probleme, von denen ich gerade gesprochen habe. Und… das finde ich sehr gut, dass Sie das offensichtlich ernst nehmen und prüfen und finde es gut, dass wir es offensichtlich auch ernst nehmen und ggf. prüfen. Herzlichen Dank.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Herr Striebel. Ich schaue in die Runde… weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit treten wir ein in die Abstimmung über die Drucksache 1744.

 

 

Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:

 

Die BVV hebt auf Grundlage von § 12 Absatz 3 in Verbindung mit § 17 Absatz 1 Bezirksverwaltungsgesetz den Bezirksamtsbeschluss vom 12.08.2025 zur Neugliederung des Wahlgebietes des Wahlkreisverbandes Friedrichshain-Kreuzberg auf und ersetzt ihn wie folgt:

Der Beschlusstext wird entsprechend der Vorlage zur Kenntnisnahme (DS/1741/VI) beibehalten und die Anlage durch die zahlenoptimierte Variante 1 des Wahlamtes ersetzt.