Entsiegelung und Gestaltung ermöglichen

zur Beratung in Ausschuss überwiesen | DS/0664/VI

Initiatorin: Karolin Behlert

 

Das Bezirksamt wird beauftragt, es Anwohnenden, Gruppen und Vereinen auf niedrigschwelligen Antrag kurzfristig zu ermöglichen, in Kooperation mit dem Bezirksamt Baumscheiben zu vergrößern sowie Grünflächen zu pflegen und Fußwege in Teilen (Gehwegunterstreifen) zu entsiegeln, wo dies ohne Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und Barrierefreiheit möglich ist. Das Verfahren ist vereinfacht zu halten, aus der Logik der Nutzer:innen mit diesen entwickelt werden und die Bedingungen sollen auf der bezirklichen Internetseite mit einem Hinweis auf das Handbuch Gute Pflege abrufbar sein, ähnlich dem Verfahren in der Baumscheibenbegrünung. Hier sollen im Verlauf auch Adressen aufgelistet werden, wo Pflanzmaterial, Werkzeug ausleihbar und Geldmittel zu erhalten sind.

 

Begründung:

Dieser Antrag ist als Teil des zu erarbeitenden Entsiegelungskonzeptes des Bezirkes zu betrachten. Der Bezirk will die Schwammstadt voran bringen. So wird vorgeschlagen, Ober- bzw. Unterstreifen des Gehwegs zu entsiegeln. Es soll für alle Menschen eine unfallfreie Mobilität sichergestellt werden. Sinnvoll wäre ein flächendeckendes Vorgehen, d.h. dort anzufangen, wo am meisten versiegelt ist. Dieses Vorgehen liegt aktuell in den Händen des Bezirksamtes.

Entsiegelung ist in einem stark versiegelten Bezirk wie Friedrichshain-Kreuzberg ein wichtiges Thema. Im Jahr 2018 war der Anteil versiegelter Flächen in keinem Bundesland so hoch wie in Berlin: 34,64 Prozent der gesamten Fläche bestand aus versiegelter Siedlungs- und Verkehrsfläche (statista.com). Derzeit liegt die tägliche Umwidmung von unbebautem Boden in Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland bei circa 56 Hektar am Tag (wie erwähnt werden davon rund 45 Prozent versiegelt). Es zeigt sich zwar eine leicht abnehmende Tendenz in den letzten Jahren. Dennoch ist dieser Wert noch weit vom Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung entfernt, den Flächenverbrauch auf weniger als 30 Hektar pro Tag im Jahr 2030 zu senken (Umweltbundesamt 2022).

Die Bodenversiegelung wirkt sich negativ auf Natur, Klima und Mensch aus. Die Stadt heizt sich auf, für Pflanzen lebensnotwendiges Wasser landet in großen Regengüssen bei vorheriger Trockenheit schnell in der Kanalisation, anstatt langsam zu versickern. Entsiegelung schafft wichtige Versickerungs- und Verdunstungsflächen, die für Kühlung in der Klimakrise sorgen.

Das Bezirksamt hat aktuell nicht genügend Mittel, um den Klimawandel angemessen begleiten zu können. Auch Notfallmaßnahmen in Reaktion auf den Klimawandel können nicht zufriedenstellend umgesetzt werden. Als eine Maßnahme erarbeitet das Bezirksamt aktuell auf Beschluss der BVV aus 2021 hin eine Entsiegelungsstrategie, die laut Bezirksamt 2023 ausgearbeitet sein soll. Zur Begleitung und Qualifizierung stellt dieser Antrag eine wichtige Weiche in Begegnung der Klimakrise.

Hier kann bürgerschaftliches Engagement unterstützend wirken: Menschen, die sich für Grünpflege in ihrem Umfeld interessieren und keinen Garten haben, könnten den Garten vor ihrer Haustür nutzen, eine Gemeinschaft gestalten mit ihren Nachbarn und den Lebewesen in der Umgebung. So werden Aufgaben des Bezirkes auf breite Schultern im Gemeinwesen gestellt, was beiden Seiten zu Gute kommen kann.

In der Umsetzung kann die Anlage der Entsiegelungsfläche getrennt behandelt werden von der Pflege der Fläche. Verantwortungsbereiche müssen natürlich klar definiert sein, bspw. ein eingetragener Verein oder (mehrere) Privatpersonen. Bei Wegen, die über 3 Meter breit sind, sollte somit eine Entsiegelung relativ bürokratiefrei und wie bei der Begrünung von Baumscheiben eine schnelle Bearbeitung ermöglicht werden.

Der Nabu hat bereits erfolgreich in Kooperation mit dem Straßen- und Grünflächenamt Lichtenberg eine Entsiegelungsmaßnahme von 30 Quadratmetern durchgeführt und konnte mit 15 freiwilligen Helfer:innen wichtige Unterstützung in der Entsiegelungsstrategie leisten.

 

Drucksache beim Bezirksamt