Situation in der Kältehilfe

mündliche Anfrage | DS/0386/VI

Initiator: Kolja Fuchslocher

 

 Ich frage das Bezirksamt: 

1. Wie viele Plätze können nach Stand der Dinge zum Beginn der Kältehilfesaison in unserem Be-zirk zur Verfügung gestellt werden? 

2. Ist die Finanzierung/Basiskorrektur sichergestellt, auch in Anbetracht der Entwicklung des Ver-braucherpreisindex und der steigenden Energie- und Lebensmittelkosten? 

3. Vor welchen Herausforderungen stehen diesbezüglich die Träger der Angebote sowie das Be-zirksamt bzw. Sozialamt? 

 

Beantwortung:  BezStR Herr Nöll

Ich möchte vorwegnehmen, dass mich diese Anfrage freut, weil ich sie ausnahmsweise mit guten Nachrichten beantworten kann.

 

zu Frage 1 und 2: Für die Kältehilfesaison 2022 / 2023 stehen dem Bezirk insgesamt 310 Plätze zur Verfügung, davon allerdings einige wenige nur temporär bzw. tagesweise. Es handelt sich dabei um sog. Nachtcafés.

Zum Vergleich: Für die Kältehilfesaison 2021 / 2022 haben wir ungefähr die gleichen Kapazitäten zur Verfügung stellen können.

Wie in jedem Jahr ist die Situation bzgl. der Basiskorrektur vor dem Start der Kältehilfesaison herausfordernd, ich möchte jetzt hinzufügen herausfordernd gewesen. Mit dem Land stehen wir seit einiger Zeit in einem intensiven Austausch und in diesbezüglichen Gesprächen und ich möchte darauf verweisen, dass ich heute Morgen das Vergnügen hatte, eine Pressekonferenz mit unserer Sozialsenatorin Katja Kipping und Vertreter in der Liga der freien Wohlfahrtsverbände zu haben, wo ich zumindest mündlich die Zusage erhalten habe, dass die Kosten für 22 zum Ist-Basis korrigiert werden. Das heißt, die erheblichen Mehrkosten, die wir jetzt auch durch die Energiepreise und Wärmesteigerungen haben, aufgefangen werden.

Angesichts der Bedeutung, die insbesondere die Bezirke Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg für die Kälteversorgung in Berlin haben und der besonderen Situation, in der wir uns gerade befinden, ist die Zusage der Finanzierung von Mehrbedarfen und zur Basiskorrektur, der über die Budgetierung, ich will die Zahl hier mal nennen, das sind 17,00 EUR pro Kopf und Nacht, hinausgehen, tatsächlich ein wichtiges Signal. Insofern habe ich dann heute in der Pressekonferenz mit der Senatorin auch erklärt, dass wir als Bezirk die diesbezüglichen Zuwendungen entsprechend der Anträge ausreichen.

 

zu Frage 3: Alle Beteiligten, landes- und bezirksseitig und auf Fachebene ebenso wie im politischen Bereich sind sich des Umstandes bewusst, dass die Kältehilfe ein absolut unabdingbarer Baustein der Basisversorgung von Menschen in Notlagen ist.

In den vergangenen beiden Jahren galt wegen der Pandemiesituation die psychische und physische Belastung der Mitarbeiter der freien Träger als besonders hoch. Das liegt auf der Hand, Angst vor Ansteckung, zusätzliche Arbeit etc.

Die gemeinwohlorientierten Träger der sozialen Infrastruktur stellen die Unsicherheiten bezüglich der Kostenentwicklung, Energie und Sachausgabenbereich der Projekte unter hohem Druck. Ich habe es eben gesagt, wir haben eine … ja, einen festgeschriebenen Satz in Berlin von 17,00 EUR pro Kopf und Nacht, das stammt aus einer Zeit, als die Kältehilfe quasi hauptsächlich ehrenamtlich organisiert war. Wir erleben auch hier im Bezirk eine weitgehende Professionalisierung dieses Bereichs, die auch notwendig ist, weil wir auch jetzt zunehmend … ja, zumindest in eine rudimentäre Sozialberatung und, was sehr oft notwendig ist, auch in eine rudimentäre medizinische Versorgung einsteigen müssen.

Insofern mein Appell an Sie: Wir alle bewegen uns im politischen Raum, mit uns gemeinsam und den Trägern dafür zu kämpfen, dass die Sätze für dieses Angebot endlich an die realen Kosten angepasst werden. Vielen Dank.

 

Herr Fuchslocher: Erwartet das Bezirksamt vor dem Hintergrund und der krisenhaften Entwicklung auf dieser Welt eine Verschärfung der sog. Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum bzw. sozialen Spannungen in unserem Bezirk?

zu Nachfrage 1: Also wir versuchen ja mit solchen Angeboten, diese Spannungen abzubauen. Wir haben uns auch auf den Weg gemacht, da können wir vielleicht an anderer Stelle noch mal berichten, neue Konzepte zu entwickeln.

Grundsätzlich haben wir die Entwicklung schon, Frau Gerold und ich können ein Lied davon singen, dass wir in der Situation, in der wir uns befinden, zunehmend Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum haben, die auch entsprechend an uns beide herangetragen werden, muss ich hier auch mal so offen sagen, wo es über die Angebot hinaus, die wir haben und die wir jetzt entwickeln, momentan auch noch abschließenden Antworten gibt.

 

Herr Fuchslocher: Die krisenhafte Situation ist jetzt ja diese Unberechenbarkeit auch, das ist ja allen deutlich. Gibt es Ressourcen, Reserven, um da akut drauf reagieren zu können, wenn das weiter …, also sich weiter zuspitzen sollte in bestimmten Ecken, Brennpunkten?

zu Nachfrage 2: Also ich kann das jetzt in Bezug auf die Kältehilfe beantworten. Dort hatten wir auch in den vergangenen beiden Wintern Situationen, wo sehr kurzfristig zusätzliche Platzbedarfe notwendig wurden, auch Quarantäneunterbringung. Darauf haben wir und konnten wir jeweils gemeinsam mit dem Land kurzfristig reagieren. Also eindeutig ja, wenn wir solche Situationen haben. Wenn sich die Lage verschärft, werden wir als Land und Bezirk auch darauf reagieren müssen.

 

Herr Garcia Bergt: Ich will gern nachfragen, Sie haben gesagt, dass die Anzahl der Plätze etwa gleich geblieben ist im Vergleich zu den Vorjahren. Hat sich was bei den Anbietern verändert? Also gibt es mehr oder weniger Anbieter?

zu Nachfrage 3: Also bei den Anbietern hat sich wenig verändert. Wir haben hier … ja, wenn man so will ein stabiles Netz an Trägern und ehrenamtlich Tätigen. Ich will hier exemplarisch die beiden größten Einrichtungen nennen, die wir im Bezirk haben: Das ist einmal die Traglufthalle am ehemaligen Containerbahnhof Frankfurter Allee, durch die Stadtmission betrieben wird und bis zu 120 Plätze bietet. Wir haben darüber hinaus in einer Bezirksimmobilie als Zwischennutzung in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule eine Kältehilfeeinrichtung, die in der Regel 80 Leute versorgt, aber unter Umständen auch mehr.

 

Drucksache beim Bezirksamt