Investitionen im Bereich Schule

mündliche Anfrage | DS/0344/VI

Initiatorin: Ulrike Juda

 

Ich frage das Bezirksamt:

  1. Welche Investitionen und Projekte sind in welcher Priorisierung in der bezirklichen Dringlichkeitsliste für den schulischen Bereich vorgesehen, die das Bezirksamt im Rahmen der Investitionsplanung 2022-26 an die Senatsverwaltung übermittelt hat?

2. Welche in der bezirklichen Dringlichkeitsliste vorgesehenen Investitionen im schulischen Bereich sieht das Bezirksamt durch die von Finanzsenator Wesener angekündigten Kürzungen bei der Investitionsplanung, auch mit Blick auf die sich ergebenen Unterschiede zwischen der bezirklichen Dringlichkeitsliste und der von der Senatsverwaltung erstellten überbezirklichen Dringlichkeitsliste (ÜDL) „Schule“, bedroht?

3. Inwiefern würden sich die von Finanzsenator Wesener angekündigten Kürzungen bei der Investitionsplanung auf die Schulplatzsituation jetzt und in den kommenden 5 Jahren in Friedrichshain-Kreuzberg auswirken?

 

Beantwortung durch den Bezirksstadtrat Herr Hehmke:

zu Frage 1: Die Frage knüpft ja fast nahtlos an an die Frage, wie sind die Geschicke des Baerwaldbades im Zusammenhang mit einer möglichen Finanzierung aus der Investitionsplanung und es gibt nichts Gutes zu vermelden: Die Krise ist in Berlin angekommen, die Krise ist im Investitionsprogramm angekommen und die Krise führt dazu, dass Maßnahmen, die wir als Bezirksamt für dringend notwendig erachten, dass sie in den nächsten Jahren ausgeführt werden, nach der Lage der Dinge nicht realisiert werden können.

Sie fragen jetzt nach den schulischen Maßnahmen. Zur Wahrheit gehört, dass wir auch Maßnahmen im Bereich außerhalb von Schule angemeldet haben. Da kann man es kurz beantworten. Von den Maßnahmen außerhalb von Schule ist gar keine Maßnahme in den Jahresscheiben 2024 bis 2026 geblieben, sondern alle sind verschoben worden. Konkret ist das das Bildungs-, Kultur- und Familienzentrum Glogauer Straße 13, der inklusive und ökologische Bildungs- und Nachbarschaftscampus Laskerwiese, die Sanierung des Rathauses in der Yorckstraße, der Neubau des Rathauses am Ostbahnhof, der Umbau und die Sanierung des Stadtteilzentrums Friedrichstraße 1 - 3 und die Neugestaltung der Bergmannstraße.

Alle diese Maßnahmen werden frühestens im Jahr 2027 bzw. einige andere auch 2028 oder gar 2030 beginnen können - natürlich abhängig von der Entwicklung des Landeshaushalts in den nächsten Jahren.

Zu den schulischen Projekten: Für die Fortschreibung des Investitionsprogramms des Landes Berlin, fangen wir mal mit den schönen Nachrichten an, Jahresscheiben 2024/ 25/26 wurden folgende Maßnahmen für bezirkliche Schulbaumaßnahmen vom Bezirksamt bei der SenFin angemeldet und bleiben auch Bestandteil der Planung, also sind nicht verschoben:

  • Grundschule am Traveplatz, Erweiterung am Standort Oderstraße in Form eines Holzmodulbaus. Das ist der Parkplatz in der Oderstraße, da werden ca. 1,5 Züge als Schulerweiterung oder der dicht, in der Nähe liegenden Grundschule am Traveplatz errichtet. Diese Grundschulplätze brauchen wir ganz dringend und die werden auch das Defizit im Grundschulbereich nicht auflösen.
  • Dann haben wir die Fortsetzung der Baumaßnahmen an der Kurt-Schumacher-Schule, hier steht der 2. Bauabschnitt aus. Das betrifft die Hälfte des Hauptgebäudes, Gesamtsanierung. Die ist Gott sei Dank auch nicht verschoben. Die Kurt-Schumacher-Schule hat ja einen längeren Leidensweg schon hinter sich mit dem 1. Bauabschnitt.
  • Bewilligt ist auch der 3. Bauabschnitt der Hausburg-Grundschule. Auch hier haben wir schon viel saniert, sind noch nicht durch. Hausburgstraße 20, hier sind also noch bedeutende Bauteile nicht Teil der Sanierung gewesen. Das kann dann damit abgeschlossen werden, wenn es dann auch Eingang in den nächsten Doppelhaushalt findet und last but not least
  • die Albrecht-von-Graefe-Schule, hier geht es um die Sanierung mehrerer Gebäude. Da sind wir jetzt schon dabei. Das wird fortgeführt im Rahmen der Fortschreibung des Investitionsprogramms, sodass wir auch diese Maßnahme an der Graefe werden abschließen können.

So und jetzt kommen wir zu den Maßnahmen, die nicht finanziert werden:

  • Errichtung eines Sporthallenkomplexes zur Abdeckung der Sportflächenbedarfe des zukünftigen Heinrich-Hertz-Gymnasiums, Standort Fredersdorfer Straße. Hier sind auch weitere Hallenteile für umliegende weitere Schulen geplant gewesen, weil keine der umliegenden Schulen über eine ausreichende Sporthallenversorgung verfügt plus Bau eines Therapiebades für die Temple-Grandin-Schule, diese Maßnahme wird nicht stattfinden.

Nach Lage der Dinge wird dann das Heinrich-Hertz-Gymnasium, wenn es neu eröffnet im Neubau am Ostbahnhof, über keine Sporthalle verfügen.

  • Charlotte-Salomon-Grundschule, Sanierung der Gebäudehülle. In der Charlotte-Salomon hat der Bezirk über viele Jahre schon saniert. Durch die Gebäudehülle, das ist ein Aspekt, da wird natürlich noch viel mehr gemacht, dringt Wasser ein, d.h. Sanierungserfolge der vergangenen Jahre, drohen hier zunichte gemacht zu werden und was eindringendes Wasser langfristig mit einem Gebäude macht, konnten wir an der Anna-Lindh-Schule in Mitte gerade sehen. Die Schule ist geschlossen, ungeplant.
  • Dann hatten wir umfangreiche Planungen zur Bildung von Gemeinschaftsschulen, war ein großer Wunsch der großen Mehrheit der BVV. Die Georg-Weerth-Schule sollte umziehen auf das Gelände der Blumen-Grundschule und dort sollte aus beiden Standorten eine Gemeinschaftsschule werden. Die Maßnahme ist verschoben.

Wenn die Georg-Weerth-Schule ausgezogen wäre an den Standort Andreasstraße, Blumen-Grundschule, hätten wir das jetzige Gebäude der Georg-Weerth-Schule gern für die Temple-Grandin-Schule herrichten wollen. Diese möchte eine 2,3zügige inklusive Gemeinschaftsschule werden mit dem Förderschwerpunkt autistische Behinderung. Auch das wird nicht stattfinden in den nächsten Jahren.

  • Bei der Gustav-Meyer-Schule, Förderzentrum geistige Entwicklung am Kottbusser Tor/Kohlfurther Straße sind wir in der Sanierung. Die Schule ist teilausgelagert. Es wird nicht weitergehen, sodass hier eine sehr prekäre Situation, insbesondere für behinderte Kinder und vor allem Kinder mit Mehrfachbehinderung und Mehrfachschwerstbehinderung entstehen wird.
  • Lemgo-Grundschule, Gesamtsanierung verschoben.
  • Robert-Koch-Gymnasium, hier haben wir saniert. Hier geht es noch um die Erweiterung. Wir haben ja Gymnasialplatzbedarfe, die enorm steigen, wird nicht stattfinden. Sporthalle, also Robert-Koch-Gymnasium bleibt beim Status quo.
  • Das wird viele interessieren, weil dazu hatte ich zahlreiche Anfragen in den letzten Jahren, Heinrich-Zille-Grundschule, Gesamtsanierung, inklusive, und das ist ganz wichtig, der Filiale am Lausitzer Platz, verschoben.
  • Drehscheibe am Standort Fraenkelufer 18. Wir hatten hier eine Planung sozusagen für die Gustav-Meyer-Schule, auch Teile der Jens-Nydahl dauerhaft bereitzustellen, weil die Herstellung der Auslagerungssituation sehr teuer und aufwendig ist und hier auch eine Auslagerung der Jens-Nydahl vorzunehmen, verschoben.
  • Grundschule Rigaer Straße, was passiert mit dem Gebäude in der Rigaer Straße, wenn das Heinrich-Hertz-Gymnasium in den Neubau umgezogen ist, nach Lage der Dinge 2026? Erst mal nichts. Wir wollten es sanieren und als Grundschulstandort herrichten. Jetzt bleibt es unsaniert. Das  heißt, wir müssen hier aufgrund des Schulplatzmangels über eine Nachnutzung für Oberschulbedarfe nachdenken, weil wir ja baulich nichts machen können.
  • Adolf-Glaßbrenner-Grundschule, last but not least, Sanierung Hagelberger Straße.
  • Darüber hinaus wurde vorsorglich, das ist eine komische Nummer, die 02GN04, Grundschule am SEZ angemeldet. Hier sind wir noch … oder nicht wir, sondern die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem derzeitigen Eigentümer des SEZ. Wenn dieses Urteil, was schon getroffen wurde, Rechtskraft erhalten sollte, werden wir mit dem Senat dann über die Finanzierung sprechen, aber das ist sozusagen vorgemerkt und ist auch ein großes Anliegen des Landes gewesen, sodass ich davon ausgehe, dass diese Finanzierung käme, wenn das Urteil Rechtskraft erlangen würde.

 

zu Frage 2: Ich würde zum Anfang mal auf eine Anlage verweisen, die ich Ihnen dann auch mitgebe. Wenn ich das alles vortrage, werden wir heute nicht mehr fertig, jedenfalls nicht mit den anderen Punkten.

Aber ich möchte noch was zu den Folgen sagen: Ich habe es anklingen lassen und die Lage ist nicht anders zu beschreiben als dramatisch. Infolge der Verschiebungen wird es mit Ausnahme der Maßnahme an der Oderstraße, Grundschule am Traveplatz, Holzmodulbau, keine einzige kapazitätserweiternde Maßnahme im Bezirk in den nächsten Jahren geben bei weiterhin stark steigenden Schülerzahlen.

Und stark sanierungsbedürftige Gebäude drohen Schaden zu nehmen bzw. ggf. vom Netz zu gehen. Auch Standardverbesserung in Bezug auf Inklusion, Energieeffizienz und Raumqualität finden nur an wenigen Standorten statt. Verhindert wird zudem die Planung der Erhöhung der Anzahl der Gemeinschaftsschulen.

Kurzum: Die Lage ist mehr als dramatisch. Es droht die Gefahr, dass im Oberschulbereich künftig auch Friedrichshain-Kreuzberg zu den Bezirken gehört, das haben wir vor der Sommerpause in Pankow, Mitte und Treptow-Köpenick erlebt, wo es Schülerinnen und Schüler gibt, deren Erst-, Zweit- und Drittwunsch beim Übergang in Klasse 7 abgelehnt wurde an allen drei Standorten. Dann heißt es nach dem Gesetz, der Wohnbezirk muss versorgen. Ich weiß nicht, wo ich Siebenklässler versorgen soll, wenn deren Zahl dramatisch steigt, aber kein einziger Platz im Oberschulbereich neu entsteht.

Das Heinrich-Hertz-Gymnasium wird von der HOWOGE am Ostbahnhof neu gebaut, erhält aber keine Sporthalle.

 

zu Frage 3: Wir rechnen aufgrund der Verschiebung der Maßnahmen im Schuljahr 2027/28, also soweit können wir eine einigermaßen verlässliche Prognose abgeben, weil die Kinder sind schon geboren, auf andere Prognosen lasse ich mich ungern ein, rechnen wir mit einem Defizit von 8 Zügen, das sind ca. 1.200 Schulplätze im Ortsteil Friedrichshain im Grundschulbereich. Im Gymnasialbereich beträgt das Defizit im Gesamtbezirk im Schuljahr 27/28 7 Züge, das sind 812 Plätze. Im Bereich ISS Gemeinschaftsschule, also Sek. 1 und Sek. 2 ohne Primarbereich, beträgt das Defizit 27/28 8 Züge, das macht 800 Schulplätze.

Diese Größenordnung wird nicht allein durch die Verschiebung der genannten Maßnahmen verursacht, also das wäre quatsch. So viel Kapazitätserweiterung hatten wir gar nicht angemeldet, jedenfalls nicht für die Jahre 2024 bis 2026, aber das ist sozusagen eingedenk der nicht realisierten Maßnahmen die Größenordnung an Defiziten, mit der wir rechnen müssen.

Es wird wenig passieren um diesen Mangel zumindest zu reduzieren, obwohl der Bezirk bereits für 20 Schulen über geprüfte und genehmigte Bedarfsprogramme verfügt, die nach umfangreicher Partizipation der Schulgemeinschaften entstanden sind. Das war unsere Aufgabe der letzten Jahre. Wir haben schon viel saniert, aber noch mehr haben wir Partizipationsverfahren durchgeführt und Bedarfsprogramme erstellt.

Es wird nun darauf ankommen, und das gilt für den Oberschulbereich, dass die Landesebene sicherstellt, dass z.B. in Nachbarbezirken wie Lichtenberg durch Schulneubauten gesichert wird, dass Schülerinnen und Schüler aus unserem Bezirk nicht durch die ganze Stadt fahren müssen, um eine Oberschule zu besuchen.

Aus Sicht des Bezirksamtes ist derzeit bei der überbezirklichen Betrachtung der geplanten zusätzlichen Schulplatzkapazität im Oberschulbereich im Abgleich zur Entwicklung der Schülerzahlen auch dies nicht gesichert.

Im Ergebnis der Verschiebung von zahlreichen Maßnahmen, von denen nahezu alle Bezirke betroffen sind, werden sich an vielen Schulen durch Überbelegung und damit drastische räumliche Verdichtung die Rahmenbedingungen für die pädagogische Arbeit verschlechtern und, das droht auch in unserem Bezirk, die Gefahr, dass unterlassene Sanierungen zumindest zur Teilschließung von Standorten führen.

Unangenehm, nicht schön, aber die nackte Wahrheit. Vielen Dank.

 

Drucksache beim Bezirksamt