Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:

Die BVV Friedrichshain- Kreuzberg richtet die dringende Aufforderung an den Berliner Senat, die Arbeiten am vorhabenbezogenen Bebauungsplan 2-65 VE zum Warenhausstandort Karstadt am Hermannplatz zu beenden und das Verfahren einzustellen. Die Vorhabenträgerin ist die „Berlin Hermannplatz 5-10 Immobilien GmbH & Co KG“, eine Projektgesellschaft der SIGNA Prime Selection AG.

Der Vorhabenträgerin Signa ist das Geld ausgegangen. Generelle Baustopps in Berlin und in vielen anderen Städten - so selbst in Hamburg beim Vorzeigeprojekt Elbtower -, sowie zahlreiche Verkäufe von Signa-Objekten wie u.a. dem Mynd-Turm am Alexanderplatz, belegen, dass Signa keine Partnerin mehr für neue ambitionierte und kostenträchtige Bauprojekte und Investitionen ist. Vorhabenbezogene Bebauungspläne schaffen Planungsrecht für konkrete Vorhaben von Investoren, die investieren können und dann müssen. Sie sind verbunden mit einem Durchführungsplan, der zwingend die gesicherte Finanzierung der Vorhaben nachweist und Baufristen setzt. Signa kann diese Auflagen derzeit keinesfalls erfüllen. Daher ist es nahezu absurd, dass der Senat weiterhin Zeit und Geld aufwendet, um ein Vorhaben eines Eigentümers in Planungsrecht zu gießen, dass der nicht mehr umsetzen kann. Es stellt sich gar die Frage, ob dies Vorgehen überhaupt rechtlich zulässig ist.

 

Die BVV weist den Senat eindrücklich darauf hin, dass das Bezirksamt das Vorhaben von Signa aus städtebaulichen Gründen ablehnt. Die BVV stimmt dieser fachlichen Ablehnung des geplanten Monumentalbaus ausdrücklich zu, verwirft nochmal explizit den von Signa geplanten historisierenden Fremdkörper im Stadtteil und verweist nochmals ausdrücklich auf die drohenden sozialen Verwerfungen, die dem lokalen Umfeld drohen würden.

 

Die BVV drückt ihr extremes Unverständnis gegenüber dem Senat aus, auch ohne die Vorhabenträgerin Signa, die als Investorin Geschichte ist, die Planung der Ex-Investorin für den Monumentalbau ernsthaft planungsrechtlich gegen den Bezirk und die BVV weiter zu verfolgen.

Die BVV warnt den Senat davor, eine adäquate Neuentwicklung des Areals zu behindern. Sie hebt hervor, dass die Plangebung eines Vorhabens eines Investors, dessen Hybris sich direkt im geplanten historisierenden Monumentalbau abbildet, den Handlungsspielraum des Staates einengt. Der Senat behindert damit die Option auf Neuentwicklung durch andere Investoren, die auch den Erhalt des Warenhauses einschließt.

 

Die BVV empfiehlt dem Senat das Bebauungsplanverfahren einzustellen, damit das Planungsrecht wieder beim Bezirk liegt. Dieser kann dann ein städtebaulich vertretbares Konzept entwickeln, das den Warenhausstandort sichert und das gewerbliche und soziale Umfeld einbezieht.

 

 

Begründung:

Karstadt Kaufhof erhalten, das war im August 2020 das Motiv, Signa -Rene Benko- Versprechungen zu geben über ambitionierte Bauvorhaben, die planungsrechtlich gesichert werden sollten. Das ist Geschichte, die nicht gut ausgegangen ist. Karstadt Kaufhof Galeria ging seitdem zweimal in Insolvenz. Gläubiger haben dafür zweimal auf fast 2 Mrd. Euro verzichtet und Signa hat 680 Mio. Euro Staatshilfe bezogen, die wohl lost sind. Tausende Mitarbeiterinnen sind entlassen, ein Drittel der Häuser geschlossen worden. Die versprochenen Investitionen sind noch nicht geflossen. Was jetzt mit Galeria wird, weiß niemand. Der Ausverkauf bei Signa-Retail, zu dem Galeria gehört, geht weiter. So wurden die erst in 2022 in London erworbenen Beteiligungen am Kaufhaus Selfridges bereits wieder reduziert. Die Beteiligung an der deutschen Tochter des italienischen Markthallenbetreibers Eataly wurde zurückgegeben.

Das Benko-Modell, mit Krediten Kredite zu finanzieren, scheint vorbei. Selbst die EZB hat dafür gesorgt, dass Banken keine Kredite mehr geben oder alte abschreiben sollten.

Neuinvestoren werden gesucht, aber bisher nicht gefunden. Altinvestoren ziehen sich zurück. Benkos Imperium fällt. Fest steht, dass Neubauprojekte wie auch laufende Projekte gestoppt sind, da derzeit nicht finanzierbar.

Es scheint daher völlig absurd, dass der Berliner Senat die vorhabenbezogenen Bebauungspläne von Signa einfach weiterführen möchte, obwohl mehr als klar ist, dass Signa diese neuen Vorhaben nicht mehr finanzieren kann. Niemand weiß, was aus Signa in den nächsten Wochen oder Monaten wird. Alles ist im freien Fall.

Es stellt sich auch rechtlich die Frage, wie kann der Senat Investorenpläne weiterfortführen, wenn es die Investoren gar nicht mehr gibt. Wenn die Investoren weder Kosten für die
Planung übernehmen, noch Zusagen über die finanzielle Realisierung der Pläne machen können. Warum verfolgt der Senat einen Hasen, der schon geschossen wurde?

 

Die Politik des Senats ist kontraproduktiv für den Bezirk.

Der Senat setzt ein völlig überambitioniertes Bauvorhaben für einen Vorhabenträger in Planungsrecht, der es nicht mehr realisieren wird. Damit limitiert er Planungen für potenzielle neue Investoren, sich der Frage anzunehmen. Niemand außer Benko will aus dem Karstadt am Hermannplatz ein Bauwerk machen, das dem aus 1929 nachgebaut ist. Warum auch? Es passt nicht in den Stadtteil. Gießt der Senat den Unsinn aber in einen B-Plan, blockiert er eine städtebauliche angepasste Neuentwicklung.

 

Gleichzeitig trägt der Senat über seine Planung zur Wertsteigerung des Grundstückes bei. Den alleinigen Nutzen davon hat Signa, die statt zu investieren lukrativ verkaufen wird. Die BVV in Friedrichshain-Kreuzberg hat gar kein Interesse, dass über nicht zielgerichtetes Planungsrechts des Senats die Bodenspekulation im Bezirk noch mal angeheizt wird. Das ist das Letzte, was wir noch brauchen!

 

Wir halten es daher für vernünftig, die ganze Geschichte mit Signa als Geschichte abzuhaken und die Planung für das Warenkaufhaus Karstadt und die Entwicklung des zentralen Standortes wieder in die Hände des Bezirkes zu gebe, der stets in enger Kooperation mit dem Bezirk Neukölln sowohl städtebaulich als auch sozialräumlich vernünftig operiert hat.

 

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