Gaebler missbraucht das Eingriffsrecht des Landes Berlin zur Durchsetzung von Investoreninteressen
Am vergangenen Montag hatte Senator Gaebler im Stadtentwicklungs-Ausschuss des Abgeordnetenhauses angekündigt, auch das Bebauungsplanverfahren für die nördliche Urbane Mitte am Gleisdreieckpark an sich zu ziehen.
Begründet wird die Entscheidung mit der stadtweiten Bedeutung des Großprojektes entlang der geplanten Trasse für die S21, die im Geltungsbereich des B-Plans verlaufen wird. Irritierenderweise beabsichtigt die Senatsverwaltung aber gleichzeitig, dem Wunsch des Eigentümers zu folgen, und noch vor dem Planfeststellungsverfahren für die S21 den Bebauungsplan festzusetzen. Gerade dieses ungewöhnliche Ablaufverfahren setzt jedoch das stadtweit bedeutsame Bauvorhaben der S-Bahntrasse einem hohen Risiko aus – zugunsten eines unzeitgemäßen Projektes für insgesamt sieben Hochhäuser am Gleisdreieckpark, die kein Mensch braucht oder will.
Zur Durchsetzung der Interessen des Eigentümers Periskop Partners AG an optimaler Bodenverwertung greift Senator Gaebler damit erneut in ein geordnetes Verfahren ein. Nachdem durch Rechtsgutachten sein Hauptargument der drohenden Schadensersatzansprüche in dreistelliger Millionenhöhe widerlegt wurde, rechtfertigt er jetzt seine Politik mit einem anderen Märchen: Angeblich könne die Eigentümerin Anspruch auf Flächen des Parks erheben, sollte die Hochhausplanung nicht realisiert werden. Dabei hat die Periskop Partners AG keinerlei Rechte am Gleisdreieckpark!
Dazu erklärt Gaby Gottwald, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg:
„Der Senat betreibt weiterhin Investorenpolitik, verkauft diese der Öffentlichkeit als städtisches Gesamtinteresse und setzt sich dabei über das kommunale Planungsrecht hinweg. Argumentativ wechselt er dabei beständig die Pferde, wie es ihm gerade passt. Der konstant kurze Draht des Eigentümers zum Führungspersonal in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen wird sich für die Periskop Partners AG somit aber vermutlich millionenfach auszahlen. Stadtentwicklungspolitisch betrachtet ist dieser Vorgang unappetitlich, in planungsrechtlicher Hinsicht ist er fahrlässig und für den Berliner Senat ist er rundum beschämend.“
Zur Frage etwaiger vertraglicher Ansprüche des jetzigen Eigentümers finden Sie anbei einige Ausführungen von Prof. Dr. Jörg Beckmann aus dem von der Kanzlei GGSC erstellten Rechtsgutachten über die Bedeutung des städtebaulichen Rahmenvertrages zum Gleisdreieck vom 27.09.2005:
„Zweifel am Bestehen vertraglicher Ansprüche ergeben sich unter anderem daraus, dass Vertrags-partner des städtebaulichen Rahmenvertrages allein die Vivico bzw. CAImmo war bzw. ist. Die Ur-bane Mitte S.à.r.l. als heutige Eigentümerin hat dagegen keine eigenen vertraglichen Ansprüche gegen das Land Berlin und ist bisher auch nicht in die Rechte und Pflichten nach dem städtebaulichen Rahmenvertrag eingerückt, da Berlin dies von der Ab-gabe einer ‚Verzichtserklärung‘ für den Fall einer vom ‚Nutzungs- und Entwicklungskonzept‘ abweichenden Bebauungsmöglichkeit abhängig gemacht hat.
Der „Ausgleichsanspruch“ nach Ziffer 11.1.3 Satz 2 des städtebaulichen Rahmenvertrages stünde im Falle der Wirksamkeit der Bestimmung allein der CAImmo zu, die allerdings einen eigenen Schaden nicht erlitten haben dürfte, weil sie das Grundstück an die heutige Eigentümerin bereits verkauft und hierfür den Kaufpreis erhalten hat. Die CA Immo könnte daher auch keinen Schadensersatzanspruch an die heutige Eigentümerin abtreten. Die Eigentümerin selbst würde zwar möglicherweise durch ein verringertes Nutzungsmaß einen (Vertrauens-)Schaden erleiden, hat jedoch selbst keine eigene vertragliche Grundlage für die Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs gegen das Land Berlin.“