Bericht von der BVV vom 28. September 2022

von Erik Schliemann

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im September fand wieder am Franz-Mehring-Platz statt. Die Verordneten verabschiedeten zu Beginn eine Resolution, die unsere Sprecherin für Migration & Partizipation, Elke Dangeleit initiierte: Eine Solidaritätsbekundung mit den Frauen und der Freiheitsbewegung im Iran. Auch in unserem multikulturellen Bezirk leben Frauen mit ihren Familien aus den verschiedenen Teilen des Irans – viele sind schon vor Jahren vor dem islamistischen Regime geflohen. Einige werden jetzt um ihre im Iran lebenden Familienangehörigen bangen, die sich an den Protesten beteiligen. Bei den gegenwärtigen Protesten geht es nicht nur um staatlich verordnete strenge Kopftuchregeln, sondern es ist auch ein Aufbegehren gegen die systematische Unterdrückung der Frauen im Iran. Allen mutigen Frauen und Unterstützer:innen im Kampf gegen den Kopftuchzwang und für Freiheit gilt unsere Solidarität.

Eine weitere Resolution, die die Zählgemeinschaft aus Grünen und SPD einbrachte, bedurfte erst einiger Änderungen durch unsere Fraktion, bis wir der Sache zustimmen konnten. Grüne und SPD forderten, die soziokulturelle Infrastruktur in unserem Bezirk zu schützen – ein richtiges Anliegen. Sie vergaßen dabei jedoch, auch die öffentliche Infrastruktur in ihrem Resolutionstext mit zu erwähnen. Unsere entsprechenden Änderungen wurden von den Antragstellern übernommen. Wir wollten aber nicht nur wohlfeile Bekenntnisse und allgemeine Forderungen an das Land und den Bund, sondern forderten auch das Bezirksamt auf, eigene Schwerpunkte im Sinne der Resolution zu setzen und auch finanziell zu unterlegen. Da es dazu keine Einigung gab wurde in der BVV darüber abgestimmt und wir konnten uns mit einer Mehrheit mit anderen Fraktionen bei Enthaltung der SPD durchsetzen. Und angesichts der schwierigen Lage, in der sich viele Menschen vor diesem Herbst und Winter wiederfinden, ist ja tatsächlich davon auszugehen, dass die soziale und kulturelle öffentliche Infrastruktur in Xhain in den kommenden Monaten stärker in Anspruch genommen wird. Gleichzeitig stehen die Träger von sozialen Unterstützungsangeboten angesichts der allgemeinen Teuerung und steigender Energiekosten aber mit dem Rücken zur Wand. Diese Schieflage kritisiert DIE LINKE bereits seit Monaten.

Und da verwundert es schon, dass sich gerade die Grünen hier öffentlichkeitswirksam als Retter der sozialen Infrastruktur aufspielen. Denn mit einer Großen Anfrage konnte unser haushaltspolitischer Sprecher, Janis Ehling in der BVV aufzeigen, dass unter Führung der grünen Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann die finanziellen Mittel im Haushalt des Bezirksamtes ungleich verteilt sind – und zwar zu Lasten der sozialen Daseinsvorsorge in unserem Bezirk. Dass angesichts finanzieller Kürzungen, die auf Senatsebene beschlossen wurden, in allen Bezirken Berlins gespart werden muss, ist unstrittig. Doch in Friedrichshain-Kreuzberg schnallen offensichtlich nicht alle den Gürtel enger. Während die von den Grünen geführten Ämter zum Teil sogar finanzielle Aufwüchse erfahren, werden dem Jugend- und dem Sozialamt empfindliche Sparauflagen diktiert. Das sind genau die Ämter, die von unseren linken Stadträt:innen Oliver Nöll und Regine Sommer-Wetter geführt werden. Erklären konnte Clara Herrmann dieses Ungleichgewicht nicht. Ihr simpler Verweis darauf, dass diese Ämter finanziell im Vergleich gut ausgestattet sind, genügt da nicht. Denn selbstverständlich verwalten diese Ämter, auch aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, die sie zu erfüllen haben, große Summen. Zudem ist gerade die Soziale Arbeit immer defizitär und muss es auch sein, wenn sie ihren Auftrag erfüllen will. Eine Nachfrage unserer Fraktion, ob möglicherweise Boni an bestimmte Bezirksämter verteilt wurden, ließ die Bürgermeisterin sogar komplett unbeantwortet. Transparenz sieht anders aus! DIE LINKE bleibt also weiterhin die einzige Stimme, die sich wirklich dafür einsetzt, dass in Friedrichshain-Kreuzberg niemand unter die Räder gerät und keine einzige soziale Einrichtung geschlossen werden muss.

 

Des Weiteren brachten wir an diesem Abend 4 Anträge in die BVV ein:

Wir haben das Bezirksamt beauftragt, dass alle Empfänger:innen von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt einen Betrag von 200 Euro erhalten. Dieses Geld müsste ihnen nach dem Einmal- und Sofortzuschlagsgesetz eigentlich zustehen. Mit einer Anfrage zur letzten BVV konnte unser sozialpolitischer Sprecher, Kolja Fuchslocher jedoch aufdecken, dass das momentan nicht der Fall ist. Das muss sich jetzt ändern, denn in diesen schwierigen Zeiten dürfen wir niemanden vergessen!

Außerdem soll sich der Bezirk dafür einsetzen, dass die Mitbestimmungsrechte von Mieter:innenbeiräten in den landeseigenen Wohnungsunternehmen gesetzlich verankert werden. Auf Quartiersebene sind Mieter:innenbeiräten bereits eine wichtige Säule der lokalen Interessenvertretung. Diese Beteiligung der Mieter:innen führt zu einer Verbesserung der Wohnsituation und Lebensqualität vor Ort. Unser Antrag fordert, dass ihr Einfluss nun auch gesetzlich festgeschrieben und weiter ausgebaut werden muss.

In einem weiteren Antrag fordern wird das Bezirksamt auf, die BVV künftig zeitnah über Bauvoranfragen zu informieren und auch die Prüfergebnisse der jeweiligen Bauvorhaben bekanntzumachen. Nur so kann die Öffentlichkeit frühzeitig über die Absichten hinter einem Neubauvorhaben informiert werden und dann noch rechtzeitig Einfluss auf Baugenehmigungen nehmen bevor es zu spät ist. Das wäre ein wichtiger Schritt, damit sich unsere Stadt wieder am Interesse ihrer Bewohner:innen orientiert und nicht am Profitinteresse einiger weniger.

Und gemeinsam mit Grünen & SPD beauftragen wir das Bezirksamt den Skulpturenweg „Menschenlandschaft“ zwischen May-Ayim-Ufer, Oberbaumstraße und Schlesische Straße wieder in einen angemessenen Zustand zu versetzen. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Kunstwerk der Kreuzberger Migrationsgeschichte, das es zu schützen gilt! Und ganz nebenbei kann so auch etwas für die Aufenthaltsqualität am Schlesischen Tor getan werden.

All unsere Anträge wurden in die zuständigen Ausschüsse überwiesen und werden dort nun weiter beraten.

Die nächste BVV findet bereits 3 Wochen später statt: am 19. Oktober.

 

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