Bericht von der BVV

vom 25. Januar 2023

von Erik Schliemann

Die Wiederholungswahl in Berlin steht kurz bevor und so war zu erwarten, dass die letzte Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Friedrichshain-Kreuzberg unter dem Eindruck des Wahlkampfes stehen würde. Und tatsächlich waren die Debatten emotional und zum Teil ausufernd. So dauerte die Sitzung geschlagene 7 Stunden. Bis 1 Uhr nachts tagten die Verordneten, die immerhin ehrenamtlich tätig sind, also am nächsten Morgen wieder ihren normalen Berufen und anderen Verpflichtungen nachgehen müssen.

 

DIE LINKE setzt sich durch: Erster Safe-Place in Xhain kann eröffnen

Für unsere Fraktion stand an diesem Abend ein Thema besonders im Fokus: die Umsetzung eines sogenannten Safe-Places in unserem Bezirk. Safe-Places sind kleine mobile Unterkünfte, in denen es einen Schlafplatz und sanitäre Anlagen gibt. Sie richten sich an Menschen ohne Obdach und sind ein Versuch, einen menschenwürdigen Umgang und niedrigschwelligen Zugang mit Menschen in Obdachlosigkeit zu finden. Die Menschen leben dann in einem geschützten Raum und erhalten gezielte Unterstützung vor Ort durch Sozialarbeiter:innen.

Der linke Sozialstadtrat Oliver Nöll hat in den vergangenen Monaten vieles in Bewegung gesetzt um ein solches Modellprojekt in unserem Bezirk endlich zu realisieren. Gemeinsam mit dem Schulstadtrat Andy Hehmke (SPD) hat er dafür am Ostbahnhof einen geeigneten Platz gefunden, um einen Safe-Place für 3 Personen zu errichten. Einen Tag nach der BVV, am 26. Januar sollte dieses Vorreiterprojekt dann endlich an den Start gehen. Doch die grüne Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann sperrte sich im Bezirksamt gegen das Projekt, drohte sogar mit rechtlichen Konsequenzen und wollte die Eröffnung abblasen.

Unsere Fraktion brachte deshalb einen dringlichen Antrag in die BVV ein, der das Bezirksamt dazu auffordert, das Modellprojekt wie geplant am Folgetag zu eröffnen. Unser Antrag wurde letztlich angenommen - mit Zustimmung aller anderen Fraktionen und breiter Enthaltung der Grünen. Damit kann der erste Safe-Place in Friedrichshain-Kreuzberg eröffnen und 3 Menschen werden in diesem Projekt begleitet. Selbstverständlich kann das nur der Anfang sein!

 

Mieter:innen im Paul-Lincke-Ufer 44a vor Verdrängung schützen

Außerdem wurde unsere Resolution zum Schutz der Mieter:innen im Paul-Lincke-Ufer 44a angenommen. Hier sind derzeit mehrere unvergleichliche Kulturinstitutionen und Kleingewerbe von einer Kündigung durch den Eigentümer bedroht, der fette Profite einstreichen will. Betroffen sind unter anderem das Kollektiv Laborgras, der Klak-Verlag sowie der Plattenladen Hard Wax, die durch die Kündigungen ihre Räume und ihre Arbeitsgrundlage verlieren. Unserem Bezirk droht damit erneut ein schwerer Verlust von einzigartiger Kultur und lebendig gewachsenem Kiezgewerbe. Die BVV rief auf unsere Initiative mit großer Mehrheit (bei Enthaltung von CDU und FDP) den Eigentümer dazu auf, die Kündigungen zurückzunehmen und mit den Mieter:innen eine verträgliche Lösung zu finden.

 

Graefestraße 13: Mit dem Trauhandmodell gegen Leerstand vorgehen

Und auch an anderen Orten stellen wir uns den unmoralischen Praktiken von Immobilieneigentümern entgegen und setzen uns für die Interessen von Mieter:innen ein. Vor 3 Jahren mussten Mieter:innen der Graefestraße 13 nach einem Brand ihre Wohnungen verlassen. Anstatt nach kurzer Sanierungszeit in die eigenen vier Wände zurückzukehren, unternehmen die Eigentümer:innen aber fast nichts, um die Wohnungen wieder bewohnbar zu machen. Seit 3 Jahren (!) müssen die Mieter:innen dieses Trauerspiel nun schon ertragen. Deshalb beantragten wir, dass der Bezirk die Einsetzung eines Treuhänders prüfen und ggf. einsetzen soll, um den Leerstand gezielt zu bekämpfen. Auch dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

 

Linke Ideen konsequent umsetzen – auch in Wahlkampfzeiten

Ansonsten gab es an diesem langen Abend noch eine Menge Wahlkampfgetöse. Die CDU scheiterte kläglich mit einer Resolution gegen die Demonstranten der Letzten Generation. Die FDP forderte aussichtslos eine Missbilligung der Bürgermeisterin und den Rücktritt von allen Stadträt:innen noch vor der Wahl. Die Grünen gaben sich, angeführt von ihrer sichtlich dünnhäutigen Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann, ungewohnt wortkarg. Und die SPD kommentierte die BVV mit den Worten: „Der Abend an dem das Bezirksamt auseinanderfiel“.

Tatsächlich offenbarten sich innerhalb des Bezirksamtes Konflikte, die hoffentlich für die Zukunft aufgelöst werden konnten. Wir sind froh, dass wir mit Regine Sommer-Wetter und Oliver Nöll zwei linke Bezirksamt-Mitglieder haben, die auch bei internen Machtkämpfen einen kühlen Kopf bewahren und – mit einer starken Linksfraktion im Rücken - kontinuierlich an der Umsetzung linker Ideen für ein solidarisches Friedrichshain-Kreuzberg arbeiten.

 

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