Bericht von der BVV vom 25. Mai 2022

Erik Schliemann

In der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom 25. Mai 2022 tagten die Verordneten erneut digital. Bereits zur nächsten BVV-Sitzung könnte sich das allerdings ändern. Schon länger kritisiert unsere Fraktion, dass die rot-grüne Mehrheit in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg das Argument einer pandemischen Notlage ausnutzt, um digitale Sitzungen weiterhin zu legitimieren. Für die Fraktion DIE LINKE ist das nicht zu rechtfertigen, wenn zugleich die meisten Menschen wieder in die Normalität zurückkehren und auf Arbeit oder im überfüllten ÖPNV zahlreichen Kontakten ausgesetzt sind. Entsprechend brachten wir für diese Sitzung einen Antrag ein, der das Bezirksamt und den BVV-Vorsteher auffordert, dafür zu sorgen, dass die BVV und ihre Ausschüsse zeitnah wieder in Präsenz tagen können.

Aber auch wenn die digitale Mai-BVV nicht im Persönlichen stattfand, ging das nicht zu Lasten kontroverser Auseinandersetzungen, was auch an einer langen Tagesordnung mit fünf Resolutionen lag:

Die Fraktion DIE LINKE hat sich zur Resolution der rot-grünen Zählgemeinschaft bezüglich der Baumfällungen in der Pintschstraße und in der Landsberger Alle enthalten. Ursprünglich stammt diese Resolution von unserer Fraktion. Damals standen die Bäume noch, doch anstatt unserem Appell gegen die Fällungen beizutreten, überwies die SPD den Resolutionstext und verschleppte somit ein klares Signal des Bezirks.

Der Resolution, die die Berliner Taskforce Schulbau dazu auffordert, den Neubau einer zweizügigen Grundschule im Andreas-Quartier zu ermöglichen, stimmten wir zu. Tatsächlich verbirgt sich dahinter aber das Versagen des Baustadtrats Florian Schmidt (GRÜNE), der am Anfang dieses Prozesses großspurig die Enteignung des Inhabers für die verschiedensten öffentlichen Bedarfe ankündigte und sich dann vorschnell auf schlecht vorbereitete Kompromisse einließ. Im Ergebnis darf der Investor jetzt ein neues Bank- und Bürogebäude bauen. Die versprochene Schule hingegen umfasst aufgrund der viel zu kleinen Fläche nur zwei Schulzüge, ist damit pro Schüler viel zu teuer und soll deshalb auch keine Finanzierung vom Land erhalten. Jede Art von Schulneubau im Andreasquartier ist derzeit zwingend notwendig, daher auch unsere Zustimmung zur Resolution. Doch wir wissen ganz genau: hier wäre mehr drin gewesen!

Dem Aufruf, der sich für den Erhalt des Bateau Ivre einsetzt, stimmten wir zu. Der Café-Betreiber dieses wichtigen Treffpunkts für Anwohner*innen am Heinrichplatz hat aufgrund ausbleibender Mietzahlungen im Zuge der Coronapandemie eine Kündigung vom Eigentümer erhalten. Die BVV fordert eine Lösung mit dem Eigentümer über eine Verlängerung des Mietvertrags. Und tatsächlich gibt es inzwischen ein neues Angebot und weitere Gespräche.

Daneben haben wir einer Resolution zugestimmt, die sich für den Erhalt begrünter Innenhöfe im Bezirk ausspricht. Auch wenn der Bezirk auf weiteren Wohnungsneubau angewiesen ist, sprechen wir uns dafür aus, dass notwendige Nachverdichtungen nicht zu Lasten ökologisch und sozial wertvoller begrünter Innenhöfe gehen dürfen. Bemerkenswerter Weise hat neben den üblichen Verdächtigen von CDU und FDP auch der Großteil der SPD-Fraktion gegen diese Resolution gestimmt, die somit mit den Stimmen der LINKEN und Grünen angenommen wurde. Wir sind gespannt, wie sich die rot-grünen Zählgemeinschaft in Zukunft in dieser Frage verhalten wird.

Neben diesen öffentlichen Aufrufen hat die Fraktion DIE LINKE außerdem drei weitere Anträge in die BVV eingebracht:

Der Bezirk soll sich für eine Teilnahme an den jetzt beschlossenen Pilotprojekten des Berliner Senats zur Rekommunalisierung der Schulreinigung einsetzen, nachdem wir das bereits seit Jahren im Bezirk fordern und beschlossen haben.

Ein weiterer Antrag fordert vom Bezirksamt, aus den zusätzlichen Mitteln, die die Bezirke vom Land erhalten werden, endlich Stellen für Sozialarbeiter:innen in der aufsuchenden Wohnungslosenhilfe zu schaffen und zudem eine längst beschlossene Stelle für eine Ansprechperson für Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle umzusetzen.

Des Weiteren beantragen wir, dass das Bezirksamt die Voraussetzungen für Zusammenschlüsse von Schulstandorten prüft, die ihren Schüler:innen nur in Kooperation den Weg zum Abi ermöglichen können. Denn einige Schüler:innen und Lehrkräfte leiden unter extrem weiten Wegen zwischen diesen Standorten. Solche Kooperationsoberstufen sollten deshalb künftig an maximal zwei zusammengeschlossenen Standorten zugelassen werden und die Wegezeiten müssen im Stundeplan berücksichtigt sein.

Doch an diesem Sitzungsabend kam es noch zu einem weiteren politischen Schlagabtausch, der zwei gegensätzliche Anträge zur geplanten Polizeiwache am Kotti betrifft – ein Thema, das (neben der Landesebene) uns im Bezirk weiter beschäftigen wird. Den Antrag der CDU für eine Polizeiwache im Neuen Kreuzberger Zentrum, über der Adalbertstraße, lehnen wir entschieden ab. Wenn es eine Polizeiwache geben sollte, dann sicherlich nicht thronend über den Köpfen der Menschen am Kotti. Dem Antrag der Grünen hingegen stimmten wir mehrheitlich zu. Sie fordern einen Runden Tisch mit Anwohner*innen, Initiativen, Zivilgesellschaft und Gewerbetreibenden unter enger Beteiligung des Bezirks, der mehr in den Blick nimmt, als nur die Frage von mehr Polizeipräsenz. Wir wissen, dass die betroffenen Akteure vor Ort sehr unterschiedliche Meinungen zu einer verstärkten Polizeipräsenz haben. Wir unterstützen einen Beteiligungsprozess bei dem alle Seiten gehört werden. Und den braucht es dringend. Denn Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) treibt das Projekt mit öffentlichkeitswirksamen Fototerminen in unserem Bezirk mit aller Macht voran. Die Zeit zu Handeln ist also jetzt! Wir hielten es deshalb für falsch, den Antrag in drei verschiedene Ausschüsse zu überweisen und erst in ein paar Monaten eine bezirkliche Position zu beschließen. Schade, dass die Grünen hier mit Rücksicht auf die SPD diese Verzögerungstaktik ermöglichen.

 

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