Behutsame Stadterneuerung am Hafenplatz

Rede von Kerima Bouali

„Pilotprojekt: Behutsame Stadterneuerung am Hafenplatz“ Link zum Antrag:

 

Kerima Bouali:

Noch vor nicht allzu langer Zeit sahen die Eigentümer der Immobilie am Hafenplatz das Objekt mit seinen über 700 Wohnungen, rund die Hälfte davon ist gewerblich vermietet, vor allem als sicheren Hafen für satte Gewinne. Dafür präsentierten sie im Januar Pläne für ein komplett neues Wohn- und Gewerbequartier. Dass die vorhandenen Mieterinnen und Mieter dabei ein störendes Element waren, wurde ausgeblendet. Stattdessen wurden Pläne für eine überdimensionierte Neubebauung vorgestellt.

Wir als LINKE haben schon damals darauf bestanden, dass der bis dato bezahlbare Wohnraum nicht den Verwertungsinteressen der Investoren zum Opfer fallen darf und dass die Bestandsmieter*innen auf keinen Fall verdrängt werden dürfen.

Auch auf den ökologischen Schaden, den ein Komplettabriss und die geplante Neubebauung des Areals verursachen, haben wir hingewiesen.

In der BVV waren wir uns im April diesen Jahres dann auch mehrheitlich einig, dass vor einer weiteren Beplanung des Areals die Möglichkeiten des sozialverträglichen Bestandserhalts zu prüfen sind.

Geschehen ist seitdem auf bezirklicher Ebene nichts. Nun sind vom Baustadtrat Fachgespräche zu Entwicklungsstrategien am Hafenplatz für Ende Januar nächsten Jahres angekündigt worden, die erstmals für den Sommer und dann für den Herbst 2024 zugesagt waren.

Zwischenzeitlich ist die Hedera Group als maßgebliche Eigentümerin nicht nur am Hafenplatz in schweres Fahrwasser geraten. Recherchen zahlreicher Medien zeichnen ein düsteres Bild ihres Geschäftsgebarens, die Staatsanwaltschaft ermittelt und auch die Bafin (Finanzdienstleistungsaufsicht) hat sich eingeschaltet.

Bezirk, Senat und Gewobag haben daher schon vor Monaten von einer möglichen Zusammenarbeit mit der Vorhabenträgerin Abstand genommen.

Nun stellt sich die Frage: Wie weiter???

Sollen wir warten, bis die Hedera Group mit neuen Geschichten, Ideen oder Partnern um die Ecke kommt?

Oder sollen wir warten, bis Interessenten für eine billige Übernahme des vorhandenen Scherbenhaufens auftauchen, um in die Fußstapfen von Hedera zu treten?

Für uns lautet die Antwort auf solche Fragen: NEIN.

Wir sollten die aktuelle Situation vielmehr als Chance für ein eigenständiges bezirkliches Handeln begreifen.

Die Konstellation aus ungeklärter Zukunftsperspektive, nicht vertrauenswürdigem und handlungsunfähigem Vorhabenträger sowie extrem belasteten Wohnverhältnissen begründet nach unserer Überzeugung ein dringendes Planerfordernis. Mit dem Antrag fordern wir das Bezirksamt deshalb auf, Maßnahmen zur geordneten städtebaulichen Entwicklung des Areals einzuleiten.

Dazu soll eine Rahmenplanung für die Entwicklung des Gebiets erstellt werden und die drei schon im April genannten Zielsetzungen konkretisieren:

Erstens:

Eine soziale Wohnraumversorgung. Das heißt: „keine Verdrängung der Bestandsmieter*innen und leistbare Mieten“

Zweitens:

Eine ökologisch nachhaltige, klimagerechte und sozialverträgliche Ertüchtigung des Hafenplatzes.Das heißt: Erhalt und Ertüchtigung des Baubestandes sind handlungsleitend.“

Drittens:

Eine Städtebaulich angemessene Weiterentwicklung. Das heißt: „Eine mögliche moderate Nachverdichtung hat den Charakter des städtebaulichen Erhaltungsgebietes „IBA 87-südliche Friedrichstadt“ zu respektieren. Dabei geht es um die Wohnbebauung selbst als auch um die Gestaltung von Freiflächen, Wegeverbindungen und die Bezüge zu den umliegenden Quartieren.

Die geforderte Rahmenplanung gibt uns das Instrument in die Hand, die städtebaulichen Ziele und Maßnahmen zur Umsetzung für eine neue behutsame Quartiersentwicklung zu konkretisieren.

Gleichzeitig schafft sie die notwendige Voraussetzung für einen möglichen kommunalen Ankauf von Grundstücken auf dem Hafenplatz zum Zwecke der „Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung“.

Sie bietet die planerische Grundlage dafür, damit der Senat eine Vorkaufsrechtsverordnung für den Hafenplatz erlassen kann. Sie muss jetzt auf den Weg gebracht werden, damit der Bezirk handlungsfähig ist. Denn vor dem Hintergrund der Berichte zur wirtschaftlichen Schieflage der Hedera Group kann jederzeit schnelles Handeln erforderlich werden.

Lassen Sie uns die Entwicklung des Hafenplatzes zu einem positiven Pilotprojekt behutsamer Stadterneuerung für unseren Bezirk und unsere Stadt machen.

Deshalb bitten wir heute die BVV um Unterstützung zu unserem Antrag: Damit der Bezirk „vor die Welle eines möglichen Verkaufs kommt“ und selbst Regeln formuliert, um eine gemeinwohlorientierte städtebauliche Entwicklung des Gebiets am Hafenplatz aktiv zu steuern.

 

 

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