Bäume schützen in der wachsenden Stadt

Bilanz der umweltpolitische Arbeit der neuen BVV ein Jahr nach der Wahl

von Karolin Behlert

Die Tätigkeit in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) kann frustrierend sein: Es gibt kaum Handlungsspielraum – was in der Macht von Bezirksverordneten steht, ist allenfalls empfehlen, fragen, Prüfaufträge erteilen. Die bezirklichen Verwaltungen arbeiten zudem nach festen gesetzlichen Vorgaben, gemäß selbst gesetzten inhaltlichen Schwerpunkten und abhängig von der Haushaltslage des Landes Berlin. Die BVV hat keinerlei Einfluss auf Verordnungen und Gesetze, die das Handeln des Bezirksamts bestimmen und festlegen. Da fragt man sich schnell: Was ist überhaupt das Einflussgebiet beziehungsweise die Aufgabe der BVV?

In Friedrichshain-Kreuzberg gilt noch der kleine, wichtige Zusatz, dass das »Kreuzberger Landrecht« die Verwaltung an Beschlüsse der BVV bindet. Beispielsweise konnte die Fraktion DIE LINKE das Bezirksamt so im Jahr 2020 beauftragen, im Rahmen des Klimanotstandbeschlusses alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Erderwärmung von 1,5°C noch zu verhindern. Ganz konkret sind es dann oft die kleinen Erfolge und die Zusammenarbeit mit Bewegungen, die die Arbeit lohnenswert machen. Uns sprechen viele Initiativen an und bitten uns, ihre Forderungen zu unterstützen. In meinem Fall als umweltpolitische Sprecherin geht es in unserem Bezirk oft darum, Baumfällungen zu verhindern.

Friedrichshain-Kreuzberg ist der am stärksten versiegelte Bezirk Berlins, mit den wenigsten Grünflächen. Der Bezirk zählt zu den am dichtesten besiedelten Regionen Deutschlands und Europas. In Friedrichshain als ehemaligen Ostteil des Bezirks wird zudem Baurecht anders angewandt als in Kreuzberg – das hat mit der Wiedervereinigung zu tun. Als Folge daraus wird viel »Lückenschluss« betrieben, werden Brachen bebaut und Hinterhöfe versiegelt. Ein stadtplanerisches Gesamtkonzept scheint dabei nicht zu bestehen, denn zu oft werden Gewerberäume geschaffen, wo eigentlich Platz für Wohn- oder Erholungsflächen wäre. Deshalb fordert das Berliner Bündnis für Nachhaltige Stadtentwicklung einen temporären Nachverdichtungsstopp für ganz Ost-Berlin.

DIE LINKE fordert aus diesem Grund eine Absage an die Nachverdichtung, wie sie aktuell stattfindet. Laut Berliner Baumschutzverordnung gilt momentan nämlich Baurecht vor Baumschutz. Das Bezirksamt ist gesetzlich dazu verpflichtet, Fällgenehmigungen zu erteilen, weil sie bei Gründen wie Wohnungsbau einfach vorgesehen sind. Sei es in der Taborstraße, in der Pintsch- oder in der Petersburger Straße – Bäume sollen für Wohnungs- und Straßenbau fallen. Zuletzt konnte ein Erfolg in der Taborstraße erreicht werden, wo ein Hauseigentümer spontan von einem Neubau im begrünten Innenhof abgelassen hat. Die Beweggründe sind bisher nicht vollkommen durchsichtig. Die Hoffnung ist, dass der Druck gewirkt hat. Somit besteht also doch ein kleiner Handlungsspielraum. Glücklicherweise bin ich Bezirksverordnete in einem Bezirk, in dem ich das Bezirksamt gut aufgestellt sehe, mit viel Erfahrung und Wissen um ökologische Wirkmechanismen – und mit einem großen Herz für Stadtgrün. Die meisten Fraktionen und das Bezirksamt vereint der Kampf um jeden einzelnen Baum.

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