Bezahlbaren Wohnraum bei Nachverdichtungsvorhaben sicherstellen - "Neuköllner Modell für kiezverträglichen Wohnungsbau" in Kreuzberg umsetzen

zur BVV am 25.09.2024

Initiatorinnen: Gaby Gottwald, Kerima Bouali

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, Genehmigungen für Wohnbauvorhaben, die im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, insbesondere des Baunutzungsplanes, liegen und deren geplante bauliche Dichte überschreiten, nur dann zu erteilen, wenn sich der Vorhabenträger im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages verpflichtet, einen Anteil von 30% der über den Baunutzungsplan bzw. einen anderen geltenden Bebauungsplan hinaus ermöglichten Geschossfläche als mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraum zu errichten. Soweit städtebaulich vertretbar, soll eine von den Bestimmungen eines Bebauungsplanes, insbesondere des Baunutzungsplanes, abweichende höhere bauliche Dichte zukünftig nur noch genehmigt werden, wenn dadurch auch ein Beitrag zur sozialen Wohnraumversorgung geleistet wird. 

 

Begründung:

Mit seinem „Modell für kiezverträglichen Wohnungsbau“ hat der Bezirk Neukölln seit 2020 gerade dort erfolgreich zur Erstellung bezahlbaren Wohnraums beigetragen, wo es auch in Kreuzberg besonders erforderlich ist: In den begehrten Kiezlagen, in denen durch Neuvermietung nach Modernisierung, durch Umwandlung in Wohneigentum, das Auslaufen von Sozialbindungen oder den Abschluss von befristeten Mietverträgen für möblierte Wohnungen zur Umgehung der Mietpreisbremse kontinuierlich bezahlbarer Wohnraum im Bestand verlorengeht. Neue Wohnbauvorhaben erhalten dort oftmals eine Befreiung von den Festlegungen des Baunutzungsplanes bzw. eines anderen geltenden Bebauungsplanes und sorgen so für eine Verdichtung, von der bislang vor allem einkommensstarke Nutzergruppen profitieren.

Die grundsätzlichen Eingriffsmöglichkeiten bei Befreiungen entsprechend § 31, Abs. 2 BauGB haben die Genehmigungsbehörden im Bezirk Neukölln in den vergangenen vier Jahren für soziale Zwecke genutzt. Durch den Abschluss städtebaulicher Verträge mit den Vorhabenträgern konnte die Erstellung von insgesamt 151 mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen gesichert werden. (Drucksache 19/19909- Anfrage Niklas Schenker, Die Linke). Der Senat hat in der Beantwortung auf die Anfrage von Schenker keine rechtlichen Bedenken gegen das Neuköllner Verfahren geäußert, sondern begrüßt „den Abschluss von Dispensverträgen im Zuge von Befreiungsentscheidungen gem. § 31 Baugesetzbuch (BauGB)“ ausdrücklich. Er ermuntert „die bezirklichen Baugenehmigungsbehörden zur Anwendung des Instruments im Rahmen ihres Ermessensspielraums...“.

Vor dem Hintergrund eines weiterhin enorm angespannten Wohnungsmarktes im Bezirk durch die anhaltende spekulative Verwertung von Wohnraum, Grund und Boden, sowie das Auslaufen von Sozialbindungen im Bestand, fordert die Bezirksverordnetenversammlung das Bezirksamt zum Handeln im Sinne der Maßgaben des eingangs beschriebenen „Neuköllner Modells“ auf. Wenn in Kreuzberg Flächenversiegelungen durch neue hochpreisige Wohnbauten schon nicht verhindert werden können, weil diese grundsätzlich genehmigungsfähig sind, dann muss zumindest dafür Sorge getragen werden, dass dabei ein relevanter Anteil an mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum entsteht – Wohnraum, den vor allem diejenigen Bewohner*innen Kreuzbergs benötigen, die aufgrund ihrer Einkommenssituation als erste und am stärksten von Aufwertungs- und Verdrängungsprozessen betroffen sind.