Bedarfsgerechten Wohnraum bei Nachverdichtungsvorhaben sicherstellen - "Neuköllner Modell für kiezverträglichen Wohnungsbau" in Kreuzberg umsetzen
Initiatorinnen: Gaby Gottwald, Kerima Bouali
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, Genehmigungen für Wohnbauvorhaben, die im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, insbesondere des Baunutzungsplans, liegen und deren geplante bauliche Dichte überschreiten, nur dann zu erteilen, wenn sich der Vorhabenträger im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages verpflichtet, innerhalb der durch diese Genehmigung zusätzlich ermöglichten Geschossfläche keinen Wohnraum in der Form von Mikroapartments, Co-Living-Modellen und Service-Apartments umzusetzen.
Begründung:
Mit seinem „Modell für kiezverträglichen Wohnungsbau“ beabsichtigt der Bezirk Neukölln gerade dort zur Erstellung bedarfsgerecht geschnittenen Wohnraums beizutragen, wo es auch in Kreuzberg besonders erforderlich ist: In den begehrten Kiezlagen, in denen es besonders für größere Haushalte (oft mit mehreren Kindern) immer schwerer wird, Mehr-Zimmer-Wohnungen zu finden, die ihren Bedarfen entsprechen, während gleichzeitig der Anteil von Neubauten und Neubauvorhaben, die auf hoch rentabel vermarktbare Mikro-Apartments, Co-Living-Modellen und Service-Apartments setzen, rasant zugenommen hat. Der Bezirk Neukölln hat zurecht festgestellt, dass sich diese Unterbringungsformen erstens „nur (an) bestimmte(n) Zielgruppen“ orientieren und „nicht geeignet (sind) als Wohnraum für breite Kreise der Bevölkerung“, und zweitens – nicht zuletzt aufgrund ihrer Zielgruppenspezifik und ihrer meist exorbitant hohen Nutzungsgebühren – „in der Regel auch zur Änderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung bei(tragen)“.
Da die Schaffung von Wohnraum für breite Kreise der Bevölkerung jedoch ein städtebauliches Ziel darstellt, beabsichtigen die Genehmigungsbehörden im Bezirk Neukölln auch in diesem Zusammenhang von ihren grundsätzlichen Eingriffsmöglichkeiten bei Befreiungen entsprechend § 31, Abs. 2 BauGB Gebrauch zu machen. So soll zukünftig in dem Anteil der Geschossfläche, der durch eine Befreiung von den rechtlich zulässigen Nutzungsmaßen zusätzlich errichtet werden kann, die Errichtung von Wohnraum in der Form von Mikroapartments, Co-Living-Modellen und Service-Apartments durch vertragliche Regelungen mit den Vorhabenträgern ausgeschlossen werden.
Eine Eingriffsmöglichkeit bei Befreiungen entsprechend § 31, Abs. 2 BauGB ist in den vergangenen vier Jahren bereits erfolgreich zur Errichtung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum genutzt worden und wurde auch von Seiten des Berliner Senats ausdrücklich begrüßt. Dort findet nun auch der Vorstoß des Bezirks Neukölln zur Untersagung der Errichtung von Mikroapartments, Co-Living-Modellen und Service-Apartments positive Resonanz (taz, 12.09.2024).
Vor dem Hintergrund eines weiterhin enorm angespannten Wohnungsmarktes im Bezirk durch die anhaltende spekulative Verwertung von Wohnraum und Grund und Boden, die sich am höchstmöglichen Profit und nicht an den drängenden sozialen Bedarfen orientiert, sollte insbesondere bei grundsätzlich genehmigungsfähigen Nachverdichtungsprojekten dafür Sorge getragen werden, dass Wohnraum entsteht, der den Bedarfen breiter Kreise der Wohnbevölkerung hinsichtlich Wohnungsgröße und -zuschnitt entsprechen kann. Es handelt sich dabei auch um Wohnraum, der nicht auf Zeit vermietet wird, sondern auf Dauer zur Verfügung steht und nicht erfordert, zusätzliche „wohnungsnahe Serviceleistungen“ zu buchen.