EB-Group plant neues Hotel statt Wohnungen nahe Mehringplatz in der Franz-Klühs-Straße

Schriftliche Anfrage SA/042/V

Initiator: Lothar Jösting-Schüßler

EB-Group plant neues Hotel statt Wohnungen nahe Mehringplatz in der FranzKlühs-Straße

1.) Trifft es zu, dass die EB-Group, die über erhebliche Wohnungsbestände am Mehringplatz und der unteren Wilhelmstrasse verfügt, eine Bauvoranfrage für einen Neubau in der Franz-Klühs-Straße im Sanierungsgebiet Südliche Friedrichstadt gestellt hat und wenn ja, wann wird das Stadtplanungsamt eine Entscheidung dazu fällen und wann wird der Baubescheid erteilt?

2.) Welche Nutzungen hat die EB-Group für den geplanten Neubau in der Franz-Klühs-Straße geplant, wie hoch wird der Anteil an Wohnraum sein, wie hoch der Anteil an gewerblicher Nutzung?

3.) Trifft es zu, dass in dem Neubau eine Hostelnutzung vorgesehen ist?

4.) Wie bewertet das Bezirksamt die Verträglichkeit weiterer Hotels bzw. Hostels für die vorhandene Wohnnutzung und die Diversität der gewerblichen Nutzung in dem Gebiet und glaubt das Bezirksamt, dass der weitere Bau von Hostels in dem Gebiet für die Wohnbevölkerung von Vorteil ist?

5.) Trifft es zu, dass die EB-Group zwei unterschiedliche Bauvoranfragen gestellt hat, die eine mit einem Gewerbeanteil von 80 Prozent, die andere mit einem Gewerbeanteil von 50 Prozent?

6.) Präferiert das Bezirksamt beim Bauvorhaben der EB-Group eine überwiegend gewerbliche Nutzung mit Verweis darauf, dass das Gebiet planungsrechtlich nach dem Baunutzungsplan von 1957 ein Kerngebiet sei und hält das Bezirksamt eine solche Argumentation auch sechzig Jahre später in dem Gebiet für alltagstauglich und stadtpolitisch für sinnvoll?

7.) Kann mit einem B-Plan-Verfahren von der EB-Group die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum eingefordert werden, und wenn ja, warum wird ein solches Verfahren nicht eingeleitet? Kleine Anfrage Eingang vom 03.03.2017 8.) Welche Möglichkeiten sieht das Bezirksamt darauf Einfluss zu nehmen, dass durch den Neubau der EB-Group in der Franz -Klühs -Strasse bezahlbarer Wohnraum entsteht, statt eines Hotels oder Hostels und ist das Bezirksamt gewillt, alle Mittel auszuschöpfen, um dies zu realisieren?

 

 

Ihre schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1.) Trifft es zu, dass die EB-Group, die über erhebliche Wohnungsbestände am Mehringplatz und der unteren Wilhelmstrasse verfügt, eine Bauvoranfrage für einen Neubau in der Franz-Klühs-Straße im Sanierungsgebiet Südliche Friedrichstadt gestellt hat und wenn ja, wann wird das Stadtplanungsamt eine Entscheidung dazu fällen und wann wird der Baubescheid erteilt?

Durch das Bau- und Wohnungsaufsichtsamt wurde am 5.10.2017 ein positiver Bauvorbescheid erteilt.

 

2.) Welche Nutzungen hat die EB-Group für den geplanten Neubau in der Franz-Klühs-Straße geplant, wie hoch wird der Anteil an Wohnraum sein, wie hoch der Anteil an gewerblicher Nutzung?

Es gibt keinen aktuellen planungsstand für das Vorhaben der EB-Group. Im Vorbescheid wurden die nach Planungsrecht möglichen bzw. zulässigen Nutzungen abgefragt. Danach wäre ein Wohnanteil von max. 50% der Gesamtfläche zulässig, auch ein Hotel wäre zulässig. Allerdings liegen uns keine aktuellen Informationen oder Planungen vor, aus denen hervorgeht, ob allerdings tatsächlich ein Hotel geplant wird, bzw. wie hoch der Wohnanteil werden wird. Seit Erteilung des Vorbescheids wurde weiter nichts eingereicht. Im Antrag auf Vorbescheid wurden fünf Fragen zur Nutzung gestellt:

1. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Wohnen auf 20% (entspricht 2.691 m²) der Gesamtgeschossfläche.

2. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Wohnen auf 50% (entspricht 6.728 m²) der Gesamtgeschossfläche.

3. Grundsätzliche Zulässigkeit von Gewerbe (Büro, Hotel, Einzelhandel) auf der Fläche.

4. Zulässigkeit von Einzelhandel (max. 800 m² Verkaufsfläche) auf der Fläche, die in etwa der heutigen Lage des Supermarktes entspricht.

5. Zulässigkeit von Einzelhandel (max. 800 m² Verkaufsfläche) zusätzlich im 1. OG und/oder UG.

Es gibt zwar eine Darstellung einer möglichen Nutzungsverteilung in den Antragsunterlagen, diese sind aufgrund des Planungsstandes und der Fragestellung bis auf die Einzelhandelsflächen noch nicht endgültig gesetzt.

 

3.) Trifft es zu, dass in dem Neubau eine Hostelnutzung vorgesehen ist?

In der dem Antrag auf Vorbescheid angehängten Plandarstellung ist die Nutzung „Hostel/Büro“ für Teilflächen vorgeschlagen. Die Fragestellung bezieht sich auf „Gewerbe (Büro, Hotel, Einzelhandel)“. Planungsrechtlich macht dies im Rahmen des Vorbescheides keinen Unterschied, da Hotel und Hostel nach der BO 58 gleich als „Hotel und Fremdenheime“ zu bewerten sind, die aktuelle BauNVO fasst diese als „Betriebe des Beherbergungsgewerbes“ zusammen. Wie unter Pkt 2. genannt, liegen uns weder für eine Hotelnutzung, noch für eine Hostelnutzung konkrete Planungen vor.

4.) Wie bewertet das Bezirksamt die Verträglichkeit weiterer Hotels bzw. Hostels für die vorhandene Wohnnutzung und die Diversität der gewerblichen Nutzung in dem Gebiet und glaubt das Bezirksamt, dass der weitere Bau von Hostels in dem Gebiet für die Wohnbevölkerung von Vorteil ist?

Planungsrechtlich ist die Nutzung "Hotel" bzw. "Hostel" zulässig. Unabhängig davon prüft das Bezirksamt jedoch jedoch auch bei zulässigen Nutzungen die "Verträglichkeit". Das bezieht sich aber auf eine Überprüfung des spannungsfreien Nebeneinanders von Nutzungen, z.B. in Bezug auf die Größenordnung von Einrichtungen, die Erschließung, Verkehr, Lärm etc.. Daraus können sich dann durchaus planerische Einschränkungen ergeben. Grundlage ist hier der §15 Baunutzungsverordnung. Baulichen und sonstigen Anlagen können im Einzelfall unzulässig sein, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. Sie sind insbesondere unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die für die Umgebung nach der Eigenart des Gebietes unzumutbar sind. Entscheidend ist die Formulierung „Eigenart des Baugebietes“. Da es sich hierbei um ein Kerngebiet handelt trifft dieser Satz auf eine Hotel/Hostel-Nutzung nicht zu, da diese ja als „Hotels und Fremdenheime“ nach festgesetztem Planungsrecht allgemein zulässig sind.

Die "Verträglichkeit" im Sinne der Diversität gewerblicher Nutzungen ist hiervon nur bedingt erfasst. Derzeit wäre der Ausschluss von Hotels im festgesetzten Baunutzungsplan an dieser Stelle aufgrund von Kerngebiets- ausweisung gar nicht möglich. Und selbst in Allgemeinen Wohngebieten sind "Beherbergungsbetriebe" gemäß aktueller Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulässig, soweit sie das Wohnen nicht stören. Derzeit befinden sich im Umfeld des Standortes auch keine so nennenswerte Anzahl an Hotel oder Hostelnutzungen, dass eine weitere Hotelnutzung planungsrechtlich ausgeschlossen werden könnte. Man würde vielmehr Gefahr laufen, mit der Bauleitplanung in die markt- und wirtschaftlichen Prozesse in einer Art steuernd eingreifen zu wollen, die überhaupt nicht mehr rechtssicher wäre. Vor allem werden hier auch komplexe, gesamtstädtische Betrachtungen erforderlich. Der Senat möchte aktuell ein Tourimuskonzept verabschieden, es war auch ein sogenannter Hotelentwicklungsplan in Rede. Dazu liege uns aber derzeit keine aktuellen Informationen vor. Das Bezirksamt wird dem aber noch einmal nachgehen und der BVV über den Stand berichten.

5.) Trifft es zu, dass die EB-Group zwei unterschiedliche Bauvoranfragen gestellt hat, die eine mit einem Gewerbeanteil von 80 Prozent, die andere mit einem Gewerbeanteil von 50 Prozent?

Es wurde ein Antrag auf Vorbescheid mit insgesamt 18 Fragen, davon 5 zur Art der Nutzung, gestellt. (siehe Antwort zu Frage 2)

6.) Präferiert das Bezirksamt beim Bauvorhaben der EB-Group eine überwiegend gewerbliche Nutzung mit Verweis darauf, dass das Gebiet planungsrechtlich nach dem Baunutzungsplan von 1957 ein Kerngebiet sei und hält das Bezirksamt eine solche Argumentation auch sechzig Jahre später in dem Gebiet für alltagstauglich und stadtpolitisch für sinnvoll?

Der BNP hat wie oben erläutert seine Gültigkeit, demnach sind die beantragten Nutzungen planungsrechtlich zulässig. Im Vorlauf wurde das Vorhaben gemeinsam mit dem der Gewobag an der östlichen FranzKlühs-Straße abgestimmt und dem Baukollegium der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt mehrfach vorgestellt. Es hat sich innerhalb dieses Vorlaufs gezeigt, dass der östliche Teil für eine mehrheitliche Wohnnutzung eher in Frage kommt. Reine Wohngebäude sind für das Kerngebiet jedoch nicht zulässig, so dass auch die Gewobag im EG gewerbliche Nutzungen realisieren muss. Der westliche Bereich der Franz-Klühs-Straße wurde von Beginn an eher als ein Standort für gewerbliche Nutzungen, Nahversorgung und Dienstleistungen gesehen, da er in dieser Lage u.a. der Entwicklung des Nahversorgungszentrums Mehringplatz / südl. Friedrichstraße neue Impulse geben kann.

 

7.) Kann mit einem B-Plan-Verfahren von der EB-Group die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum eingefordert werden, und wenn ja, warum wird ein solches Verfahren nicht eingeleitet?

Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich des Baunutzungsplanes und die planungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit wird danach beurteilt. Ein Erfordernis für die Aufstellung eines Bebauungsplanes liegt nicht vor.

In einem Bebauungsplanverfahren kann die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum im Rahmen des Berliner Modells der Kooperativen Baulandentwicklung nach den dort geregelten Vorgaben festgesetzt werden. Das betrifft allerdings nur den Wohnraum, der durch Planungsrecht neu geschaffen wird. Besteht bereits Planungsrecht für Wohnungen, kann das Modell nicht angewendet werden. Im hier vorliegenden Fall ist die Hälfte der geplanten Geschossflächen für Wohnen gerade noch zulässig. Ein Bebauungsplan, der hier mehr Wohnen vorsieht, könnte das Berliner Modell ausschließlich auf den neu hinzukommenden Wohnungsanteil regeln. Das heißt, von der zusätzlichen Geschossfläche 30 % für bezahlbaren Wohnraum. Auf dem Grundstück an der Franz-Klühs-Straße sind allerdings auch die baulichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Auf der Südseite ragen die 11- bis 13 geschossigen Bestandsgebäude auf und führen zu erheblichen Verschattungen. Zum zweiten entstehen auch bei Einhaltung der Anstandsflächen sehr enge und dunkle Grundstückssituationen. Nördlich der F-K-Straße befindet sich der intensiv genutzte Theodor-Wolff-Park und ein Bolzplatz. Zur Friedrichstraße ist die Unterbringung von Einzelhandelsangeboten und Neubau des Supermarktes geplant. Betrachtet man das Grundstück unter diesen Aspekten in Bezug auf eine adäquate städtebauliche Qualität für Wohnnutzung, so ist festzustellen, dass die Einschränkungen hier sehr viel erheblicher sind, als auf dem östlich gelegenen Baufeld der GeWobaG. Es könnte also nicht sehr viel mehr Fläche von Wohnen in einer vertretbaren Qualität generiert werden. Aus diesem Grund würden also 30% von "mehr Wohnfläche" eines neuen Bebauungsplanes tatsächlich keinen nennenswerten Anteil an zusätzlichem bezahlbaren Wohnraum schaffen können.

 

8.) Welche Möglichkeiten sieht das Bezirksamt darauf Einfluss zu nehmen, dass durch den Neubau der EB-Group in der Franz-Klühs-Strasse bezahlbarer Wohnraum entsteht, statt eines Hotels oder Hostels und ist das Bezirksamt gewillt, alle Mittel auszuschöpfen, um dies zu realisieren?

Aufgrund der unter Pkt. 7 erläuterten Problemlage arbeitet das Bezirksamt aber gerade a einer Beschlussvorlage für "Soziale Sanierungsziele" für das Gebiet Südliche Friedrichstadt, die das Ziel zum Gegenstand hat, grundstücksbezogen den höchst möglichen Wohnanteil Kleine Anfrage Antwort vom 22.02.2018 für bezahlbaren Wohnraum nach Wohnungsbauförderung 1 (6,50 € und auch nach WBF 2 (8,00 €) abzuprüfen und wenn möglich bzw. nötig auch planungsrechtlich zu sichern. Die Vorlage befindet sich derzeit in der Abstimmung mit der Gebietsvertretung und soll möglichst zeitnah beschlossen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Florian Schmidt
Bezirksstadtrat